Rezension

Brutal - aber lesenswert

Der Junge, der Träume schenkte - Luca Di Fulvio

Der Junge, der Träume schenkte
von Luca Di Fulvio

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Junge, der Träume schenkte ist ein historischer Roman aus den goldenen zwanziger Jahren in den USA. Allerdings nicht aus der Sicht der reichen Künstler, sondern aus der eines armen Jungen, Sohn einer Prostituierten und Resultat einer Vergewaltigung.

Christmas (eigentlich Natale) hat die Gabe, Geschichten zu erzählen. Und er hat die Anlage zu Toleranz und Menschenfreundlichkeit. Der Roman zeigt seinen Kampf um ein anständiges Leben und seine große Liebe: Die innerlich zerbrochene Ruth, deren Herkunft nicht unterschiedlicher von seiner sein könnte.

Man darf auf keinen Fall den Fehler begehen und den Titel des Romans als Zeichen für den Inhalt sehen. Zwar hat die Erzählung eine eigene Poesie, aber sie beinhaltet auch einiges an Brutalität, gerade am Anfang. Mir fiel es erstmal schwer, in den Roman hineinzukommen. Zum Einen lese ich eigentlich keine expliziten Gewaltdarstellungen. Und die Grausamkeiten werden teilweise mit einer Beiläufigkeit und Detailliertheit beschrieben, dass es einen schaudert. Zum Anderen konnte ich mich in keine der Personen richtig hineinversetzen. Aber dennoch packte mich die Geschichte. Zwar blieb ich Beobachtende, aber das Panorama, das in diesem Roman entworfen wird, faszinierte mich. Die vielen Nebencharaktere wurden vor meinen Augen lebendig und die fremde Welt der Gangster-Szene New Yorks vertraut. Außerdem beeindruckt die Findigkeit, mit der sie ihr Leben meistern. Irgendwann kam da auch die Sympathie zu den Hauptcharakteren. Der Aufbau der Geschichte ist sehr angenehm und realistisch: Die Handlung erstreckt sich über viele Jahre, von der Jugend Cettas, der Mutter des Protagonisten, bis zu seinen frühen 20ern.

Fazit: Für mich ein historischer Roman aus einer bisher unbekannten Epoche. Faszinierend und abschreckend zugleich. Ich werde ihn definitiv nochmal lesen.