Rezension

Brutale Morde

Der Kastanienmann - Søren Sveistrup

Der Kastanienmann
von Søren Sveistrup

Bewertet mit 4 Sternen

          Von allen Debüts, die ich 2019 las, war das vom „Der Kastanienmann" was mich am wenigsten überzeugte. Somit stehe ich schon mal kontrovers zu der Aussage des Aufklebers „Der Nr. 1 Bestseller aus Dänemark“ !
Der Autor Søren Sveistrup ist bekannt durch die Film-Reihe „Kommissarin Lund“.

Das Buch beginnt recht vielversprechend am 31. Oktober 1989, mit einer dichten, atmoshärischen Spannung, auf einem entlegenen Bauernhof. Dort findet der Polizist Marius Larsen ein blutiges Horrorszenario vor, einige mit der Axt erschlagene, tote Menschen und einen schwerverletzten Jungen. Er ruft nach Verstärkung, die er selbst nicht mehr erleben wird...Danach befinden wir uns fast 30 Jahre später in der Gegenwart wieder. Eine junge Frau kämpft gegen einen Unsichtbaren um ihr Leben, von dem sie nur die leise Stimme wahrnimmt. Bald darauf wird ihre grausam verstümmelte Leiche auf einem Spielplatz gefunden – ein Kastanienmännchen baumelt über ihrem toten Körper.
Das Ermittlerteam besteht aus der Kommissarin Naia Thulin und ihrem Partner Mark Hess von Europol, der strafversetzt wurde. Sie stehen vor einem Rätsel und der Täter scheint sie zum Narren zu halten, denn immer ist er ihnen einen Schritt voraus. Die Bastelfigur indes trägt den Fingerabdruck eines Mädchens, das seit einem Jahr verschwunden ist und anscheinend ermordet wurde. Sie ist die Tochter der Politikerin Rosa Hartung. Und dann taucht ein zweites Kastanienmännchen auf …Das grausame Morden geht weiter!

Die Handlung an sich verläuft spannend, wird aber immer wieder durch Nebensächlichkeiten im Ablauf gestört. Die ermittelnden Kommissare rücken mit ihren privaten Angelegenheiten zu sehr in den Vorgrund. Thulin ist mit ihren Gedanken und Vorstellungen schon im NC 3, in der Abteilung für Cyberkriminalität. Hess, ein Verbindungsoffizier von Europol in Den Haag, der nach Kopenhagen strafversetzt wurde, möchte so schnell wie möglich wieder zurück. Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Von einem gemeinsam agierenden Team sind sie meilenweit entfernt. Und nun sollen sie einen äußerst gewieften Serienmörder zu fassen kriegen. Das es am Ende doch noch klappt, ist ein Wunder. Sympathisch waren mir die Charaktere nicht, wurden aber detailreich beschrieben und mit besonderen Wesenszügen ausgestattet.

Es sind eine Menge kleine Versatzstücke über die 130 Kapitel und über die viel zu vielen 603 Textseiten, die mich im Lesefluss innehalten ließen. Es sind Kleinigkeiten, die mich störten, z. B. die Sache mit den Kastanien. Jeder weiß, wie schnell die altern, wie kurz die wie frisch poliert aussehen! Darüber Rückschlüsse zu ziehen, ist nun wirklich kein Ding und hätte schneller zu Ergebnissen führen können! In Teilen war der Thriller langatmig, verlor sich in Wiederholungen. Ich merkte der Geschichte an, dass Sveistrup ein Drehbuchautor ist.
Der Täter war für mich eine Überraschung. Mit ihm hatte ich nicht gerechnet und die grausamen Tötungsrituale nicht mit ihm in Verbindung gebracht. Er agierte phantomhaft, teilweise überirdisch.
Die Auflösung fand ich genial und könnte filmreif umgesetzt werden.

Fazit:
Ein neuer Thrillerautor aus Skandinavien, der zumindest nicht für zartbesaitete Leser zu schreiben scheint. Er schockt mit grausamen, ungewöhnlichen Morden. Die Spannung wird leider immer mal wieder unterbrochen – kein durchgehender Thrill. Weniger Seiten hätten der Geschichte gut getan.

Ich bewerte mit 4 von 5 Sternen und vergebe meine Lese-/Kaufempfehlung!