Rezension

Bücher und das nasse Element - eine reizvolle, wenn auch nicht immer praktische Kombination

Mein wunderbares Bücherboot - Sarah Henshaw

Mein wunderbares Bücherboot
von Sarah Henshaw

Bewertet mit 3.5 Sternen

(übrigens mit einem Vorwort von Torsten!)

Meine gesamte Reise mit der Book Barge über werden Schleusen für mich das sein, was für Ritter in altenglischen Ritterromanzen Begegnungen mit Drachen sind. Sie sind eine echte Prüfung.

Wusstet Ihr, dass es in England keine Buchpreisbindung gibt?
Eigentlich haben die kleinen Buchhändler gar keine Chance. Das muss auch die junge Buchhändlerin Sarah Henshaw erkennen, aber anstatt aufzugeben, sagt sie sich: jetzt erst recht! - und bricht mit ihrem Bücherboot "Joseph" - dem einzigen Longboat weit und breit, das einen männlichen Namen trägt - zu einer abenteuerlichen Kanalreise durch die englischen Binnengewässer auf.

Mutig und kreativ ist sie, das muss man ihr lassen. Und durchgeknallt.
Frau Henshaw kann durchaus schreiben, hat ein Gefühl für gute Pointen und Kapitelabschlüsse. Nur hin und wieder fehlt der gewisse leserfreundliche Feinschliff. Ein paar logische Fallen lauern außerdem in der Übersetzung. Und ob man dem Toilettenproblem gleich ein ganzes - wenn auch kompaktes - Kapitel widmen muss, ist natürlich Geschmacksache. Vor allem wurde mir nicht zur Gänze klar, ob die Bemerkung "wie es funktioniert oder wie man es steuert" sich auf das Boot oder das Urinella bezog ...

Die Schilderungen des Kampfes der bootfahrenden Autorin mit den Kanalschleusen sind auf jeden Fall unterhaltsam. Oft streut sie literarische Betrachtungen in die Erzählung ein. Ausgesprochen nett finde ich, wenn sie sich in Stratford-upon-Aven mit der Hamlet-Statue unterhält. Nur warum muss sie gegen Ende des Kapitels schon wieder so geschmacklos werden? Wie gesagt, die Gute ist hin und wieder etwas spleenig, aber immerhin selbstkritisch genug, um dies auch unverblümt zuzugeben ("Ich bin nicht mehr zurechnungsfähig" schreibt sie an einer Stelle).

In der ersten Hälfte plätschert die Lektüre manchmal etwas planlos vor sich hin. Aber dann, im hinteren Drittel des Buches, fühle ich mich nicht nur gut unterhalten, sondern amüsiere mich gelegentlich auch königlich. Und am Ende ist die Erzählung dicht und wunderschön geschrieben.

Diese Frau ist echt durchgeknallt. Das sagte ich bereits, nicht wahr? Aber schreiben kann sie.