Rezension

Chat-Thriller für Jugendliche, am Ende etwas schwächer

Nirgendwo in Berlin - Beate Teresa Hanika

Nirgendwo in Berlin
von Beate Teresa Hanika

Bewertet mit 3.5 Sternen

Auch in Berlin kann man sich langweilen: Das 15jährige Scheidungskind Greta, das mit ihrer Mutter Moa noch nicht lange in der Hauptstadt lebt, weiß nichts mit ihrer Zeit anzufangen.  Zumal Moa intensiv damit beschäftigt ist, beruflich auf die Beine zu kommen und sich wenig um Greta kümmern kann. Aber es gibt ja das Internet: Und so lernt Greta beim Chatten ein Mädchen kennen. Aber dann ist die neue Freundin plötzlich von der Bildfläche verschwunden... Ist ihr etwas zugestoßen?

Ein gelungener Jugendthriller, alles in allem. An den Erzählstil musste ich mich allerdings gewöhnen. Beate Teresa Hanika verzichtet vollständig auf Anführungszeichen. Dialoge und Gedankengänge haben den Anhang, denke ich, sage ich, meine ich. Es hat ein paar Seiten gedauert, bis ich in einen ungestörten Lesefluss kam. Die Autorin beschreibt ansonsten punktgenau - Empfindungen, Orte, Atmosphäre. Sie erzählt dicht und lebendig und verwebt die Themen Scheidung, Identitätssuche und Fallstricke des Internets zu einer aufregenden Geschichte. Schade ist nur, dass die Hintergründe der Entführung ziemlich schnell klar sind. Die  Anonymisierung der Gedankengänge des Entführers - die Hanika einstreut - sind nahezu überflüssig. Gegen Ende trägt die Autorin leider auch zu dick auf, verfällt in einen pädagogisierenden Tonfall und Klischees. Dieses Buch hätte ein subtileres Ende verdient. Trotzdem habe ich es gerne gelesen und war durchgehend gespannt auf den Schluss.

Fazit: Guter Jugendthriller mit sozial-kritischen Tönen. Formal ungewöhnlich, aber fesselnd. Leider mit schwachem Ende.

Kommentare

Buchdoktor kommentierte am 23. Juni 2018 um 09:06

Man merkt, dass seit 2011 ein paar Jährchen vergangen sind.

lex kommentierte am 23. Juni 2018 um 10:13

Ja, heutzutage würde sich Greta wohl nicht in einem Chat rumtreiben, sondern einfach den ganzen Tag netflixen... :-) Das Thema war damals insgesamt etwas aktueller ... aber das grundsätzliche Problem (Gefahr Internet) besteht für junge Leute ja immer noch. Wenn ich sehe, wie vertrauenswürdig mein eigener Sohn ist. Puh, da gibt es viel Diskussionsbedarf.