Rezension

Coming of Age, bewegende und spannende Entwicklung

Frankie -

Frankie
von Michael Köhlmeier

Bewertet mit 4.5 Sternen

Über den Autor:

Michael Köhlmeier, in Hard am Bodensee geboren, lebt in Hohenems/Vorarlberg und Wien. Michael Köhlmeier wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 2017 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für sein Gesamtwerk und 2019 mit dem Ferdinand-Berger-Preis.

Kurzbeschreibung:

Ein Teenager, ein soeben aus dem Gefängnis entlassener Großvater und eine geladene Pistole: Frank ist vierzehn, lebt in Wien, kocht gern und liebt die gemeinsamen Abende mit seiner Mutter. Aber dann gerät sein Leben durcheinander. Der Großvater ist nach achtzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Frank kennt ihn nur von wenigen Besuchen. Der alte Mann reißt den Jungen an sich, einmal tyrannisch, dann zärtlich. Frank ist fasziniert von ihm. Am Ende stehen sich die beiden auf einer Autobahnraststätte gegenüber wie bei einem Duell. Michael Köhlmeier erzählt von einer Initiation, von Rebellion und Befreiung und der ewigen Faszination des Bösen – von einem Duo, das man nie wieder vergisst.

Meine Gedanken zu dem Roman:

Frank Thaler, ein fast vierzehnjähriger Junge, lebt allein mit seiner Mutter, die als Garderobiere in der Oper arbeitet. Die beiden verstehen sich gut und leben harmonisch miteinander. Der Junge scheint ein verständlicher und gut erzogener zu sein, recht selbstständig, einer der keine Schwierigkeiten bereitet. Das Leben der beiden ändert sich abrupt, als der Vater der Mutter nach 18 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird. Erste Zeit wohnt er bei der Thalers. Die Beziehung zwischen Mutter und Vater scheint nicht existent zu sein, auf jeden Fall hasst die Tochter seinen Vater, ohne ihm näherzukommen. Frank ist dagegen neugierig auf den Mann, wieso war er 18 Jahre im Knast, was hat er gemacht, wie heißt er eigentlich? Nichts weiß er über ihn. Lauter Fragen. So beginnt eine verworrene, kranke Beziehung zwischen dem Großvater und dem Enkelsohn.

Ich finde, dass dem Autor ein spannender Roman gelungen ist. Obwohl es beim Lesen äußerst schwierig gewesen ist, den Schwerpunkt der Geschichte auszumachen. Es gab zwar einen roten Faden, und die Story wurde flüssig erzählt, doch offensichtlich waren die Absichten des Autors nicht.

Mit Frank und dem Großvater hat er wunderbaren, komplexen Charaktere geschaffen, und das auf nur 200 Seiten, was für mich immer ein gutes Zeichen ist. Denn ich finde es schwierig, Charaktere komplett zu entwickeln in so einem engen Rahmen.

Welche Ziele verfolge Michael Köhlmeier? Ich vermute, mit der Rolle des Großvaters hat er eine Gegenkraft in das so überschaubare Leben von dem Teenager gebracht. Anschaulich und deutlich in dem Roman war außerdem das Thema des freien und selbstbestimmten Lebens. Nach 18 Jahren Gefängnis, konnte der alte Mann sich nur schwierig in die Gesellschaft einfügen. Auch das selbstständige Leben fiel ihm schwer. Was er jedoch nicht abgelegt hat, war sein despotischer und gefährlicher Charakter. Hier muss ich zufügen, dass ich die ordinäre Sprache in dem Roman nicht begrüßen konnte, auch wenn es verständlicherweise für die Authentizität stand.

Frank Thaner wurde als Gegenpol zu dem Großvater betrachtet. Ein Junge, der folgsam ist, und ein ruhiges Leben mit seiner Mutter genießt, erwacht unter dem Einfluss des Großvaters zu einem Rebellen. Das Alter war genau passend für eine Veränderung. Näheres möchte ich an dieser Stelle nicht ausführen, denn dann fehlt dem Leser die überraschenden und kompletten Wendung der Geschichte.

In dem Roman "Frankie" überzeugt der Autor mit einer vereinfachten, reduzierten Sprache, die passend zu den Personagen ist. Kurzen, abgehackten Sätze beherrschen den Roman. Dennoch fand ich, dass die Geschichte leichtfüßig erzählt worden ist. Was mir noch gut gefallen hat, Michael Köhlmeier belehrt nicht, er moralisiert nicht, er berichtet. Distanziert, kühl und ohne Analyse.

Es ist ein gut gelungener Roman, der mit Sicherheit bei mir in Erinnerung bleibt. Denn ich war beeindruckt. Mit so einem Ausgang der Geschichte hatte ich nicht gerechnet. Der Roman erfordert einiges Nachdenken, denn Köhlmeier bleibt neutral, verstehen und entscheiden muss der Leser. Ich würde gern den Roman weiterempfehlen. Von mir gibt es 4,5 Sterne.