Rezension

Cool, aber nicht genial

Das Herz kommt zuletzt - Margaret Atwood

Das Herz kommt zuletzt
von Margaret Atwood

Bewertet mit 3.5 Sternen

Als Atwood Fan erwartet man Großes von jedem neuen Buch. Bei diesem hier bin ich mir nicht so ganz sicher, in wie weit das gelungen ist. 
 
Die Idee ist wieder cool und verstörend. Stan und Charmaine haben die Nase voll davon im Auto zu leben und ständig Angst vor Überfällen zu haben. Das Positron Projekt bietet einen Ausweg. Ausgewählte Personen dürfen an einem streng geheimen Wohnprojekt teilnehmen. In der Stadt Consilience lebt man einen Monat lang in seinem Haus und einen im Gefängnis. Nach Ablauf eines Monats wird mit einem anderen Paar getauscht. Das ist genial, schafft Arbeitsplätze, senkt die Lebenshaltungskosten um die Hälfte, löst auf einen Schlag alle wirtschaftlichen Probleme. So die Theorie…

Eine dystopische Geschichte über einen streng überwachten Lebensraum, Doris Day wird als Idol propagiert, im Fernsehen kommen nur 50er Jahre Filme und ins Internet kommt man auch nicht, das hat Witz und morbiden Charme. Dass das nicht gut gehen kann ist auch klar, nur bleibt die Autorin leider nicht beim Thema. 
Hier hat man es in kürzester Zeit mit Organhandel, Sexrobotern und Gehirnwäsche zu tun und fragt sich, wie man dort gelandet ist. Hat Frau Atwood hier unterwegs den roten Faden verloren oder zwischendurch der eigenen Idee nicht ausreichend vertraut? Statt die Grundidee auszubauen wird sie umgelenkt, mit ordentlich Sex and Crime versehen und mit schräger Technik ausgeschmückt. 

„Das Herz kommt zuletzt“ ist ein verrückter dystopischer Thriller, den man gut lesen kann. An das Genie der MadAddam-Trilogie oder „Report der Magd“ kommt es nicht heran, aber welcher Autor schreibt schon ausschließlich Geniales?