Rezension

Darkness on the edge of Hauptstadt

Märchenwald - Martin Krist

Märchenwald
von Martin Krist

„Märchenwald“ ist nach „Wut“, „Gier“, „Trieb“ und Engelsgleich“ der fünfte Thriller des Berliner Autors Martin Krist (alias Marcel Feige), in denen die beiden Kommissare Paul Kalkbrenner und Sera Muth ermitteln. Handlungsort ist Berlin, und wie bereits in den früheren Bänden der Reihe, nimmt der Autor hier seine Leser auf eine rasante Fahrt in die dunkelsten Abgründe der menschlichen Seele mit.

Offenbar hat Krist eine Abneigung gegen eindimensionale Stories, denn wie bereits in dem Vorgänger „Engelsgleich“ arbeitet er auch in „Märchenwald“ mit drei unterschiedlichen Handlungssträngen, deren Grundstimmung stark durch die jeweiligen Protagonisten bestimmt wird. Mich hat am intensivsten das Schicksal der beiden Kinder Max und Ellie beschäftigt, deren Mutter etwas Schlimmes zugestoßen sein muss, was die Blutlache vermuten lässt. Als jemand in ihre Wohnung eindringt, versteckt sie die Kinder, um sie zu beschützen, im Wandschrank und gibt ihnen den eindringlichen Rat, ihren Großvater aufzusuchen. Ein Szenario wie in „Hänsel und Gretel“, nur dass Max und Ellie auf der Suche nach Sicherheit und ihrem Opa nicht durch den dunklen Wald, sondern durch die dunklen Straßen der Hauptstadt irren, was natürlich hinsichtlich des Alters der Kinder nicht weniger gefährlich erscheint.

In Gefahr scheint auch eine junge Frau zu sein, die aus einer diffusen Verfolgungsangst heraus durch Berlin hetzt, nachdem sie in einer abgelegenen Gasse erwacht. Blutig geschlagen kann sie sich an nichts erinnern, weder an ihren Namen, noch daran, was passiert oder wie sie dorthin gekommen ist. Als zwei schmierige Typen sie bedrängen, werden diese von einem Mann in die Flucht gejagt, der sie bei ihrem Namen, nämlich Zoe nennt. Aber geheuer ist er ihr nicht, und so nimmt sie, auf der Suche nach ihrer Identität und Erinnerung, schnellstens Reißaus.

Zeitgleich sorgt der harmlose Infarkttod des Rentners Dieppe für Aufregung. Nun ja, nicht dessen Tod an sich, sondern verdächtige Essensreste auf dem Tisch und die dazu passenden Funde in der Gefriertruhe…

Spannend schreiben kann er ja, der Herr Krist, und bereits durch die relativ kurzen Kapitel, die  permanenten Szenenwechsel sowie die zahlreichen Cliffhanger, wird das Tempo forciert und hält den Leser bei der Stange. Wobei man allerdings kein besonders empfindliches Gemüt haben sollte, denn die behandelten Themen sind selbst für eingefleischte Thriller-Leser nicht jedermanns Sache.

Viel Stoff für eine Geschichte, und zugleich auch eine Herausforderung für den Leser, der den Zusammenhang herstellen muss.  Anfangs scheint es, als ob die drei Handlungsstränge keine Verbindung hätten, aber im Laufe der Story gibt es dann doch immer wieder den einen oder anderen Berührungspunkt, bis sich am Ende die losen Fäden verknüpfen und zum Aha-Erlebnis des Lesers verbinden. Aber apropos Ende, das kam mir dann doch etwas zu hopplahopp und ohne zufriedenstellende Erklärungen. Gerade wegen der Komplexität der Handlung, hätte etwas mehr Tiefe diesem Thriller gut zu Gesicht gestanden.