Rezension

Das älteste Spiel der Welt ist das Spiel um deine Seele ...

Der Spielmann - Oliver Pötzsch

Der Spielmann
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 5 Sternen

Der Pakt mit dem Magier. Sein Schicksal ist besiegelt, als Faustus den Spielmann zum ersten Mal trifft. Um das Jahr 1500 reiste durch das Deutsche Reich ein Mann, von dem nicht viel überliefert ist. Er war der größte Zauberer seiner Zeit, ein Hochstapler, Astrologe und Quacksalber, dabei so klug und belesen wie ein Dutzend Gelehrte und so durchtrieben wie die Borgias. Seine Figur gilt bis heute als Sinnbild eines ruhmsüchtigen, rastlosen Menschen, der sich mit dem Teufel einlässt, durch diesen viel Ansehen und Reichtum erwirbt – und am Ende mit seiner Seele bezahlt. Sein Name war Johann Georg Faustus. Es beginnt am 27. Oktober Anno Domini 1486 in Knittlingen, einem kleinen ruhigen Ort im Kraichgau. Bis zu dem Tag, als die Gaukler in die Stadt kommen – und plötzlich Kinder verschwinden. Johann Georg, von seiner Mutter "Faustus", der Glückliche, genannt, kümmert das nicht. Ihn interessieren nur die bunten Kostüme, die Sackpfeifen und Kunststücke. Johann Georg ist der Liebling seiner Mutter - nicht nur, weil er ein so intelligenter, aufgeweckter und hübscher Junge ist, sondern auch, weil er unter einem besonderen, verheißungsvollen Stern geboren ist. Als eines Tages die Gaukler in der Stadt sind, ist Faustus sofort fasziniert von der bunten Truppe. Mit offenem Mund stand der kleine Johann in einer Nische des Oberen Stadttors und beobachtete den lärmenden, tanzenden, singenden Zug bunter Menschen. Noch nie hatte Johann eine solche Pracht gesehen! Fast so, als wäre der Kaiser selbst in die kleine Pfälzer Stadt gekommen. Mit seiner Freundin Margarethe beobachtet er das Treiben. Vor allem beeindruckt ihn der geheimnisvolle Magier und Spielmann Tonio del Moravia. Von dem blassen Mann mit den stechend schwarzen Augen, der Johann eine große Zukunft als Gelehrter voraussagt, geht eine seltsame Faszination aus. Die geduckten Steinhäuser erstrahlten mit einem Mal in einem seltsamen Glanz, und ein exotischer Geruch umwölkte Johanns Nase – der Geruch der fernen Welt. Nachdem die Mutter plötzlich stirbt, seine zarte Liebe zu Margarethe zerbricht und sein Vater ihn aus dem Haus wirft, schließt er sich dem Spielmann an, wird sein Gehilfe. Gemeinsam ziehen sie durch die deutschen Lande und der junge "Faustus" saugt alles auf, was Tonio ihm beibringt. Er lernt Zaubertricks, das Handlesen und die Kunst, Horoskope zu erstellen. Doch von Tonios Lehren geht eine ungeahnte Gefahr aus, und schon bald beschleicht Johann das Gefühl, dass sein Meister mit dunklen Mächten im Bunde steht, denn den Meister umgibt auch eine unheimliche Aura. Faustus graut bald vor ihm. Er flieht, folgt einer Gauklertruppe nach Venedig, wird selbst ein berühmter Magier. Aber sein alterr Lehrmeister bleibt ihm auf der Spur. Immer klarer wird, dass Tonio del Moravia mit gefährlichen und dunklen Mächten im Bunde steht. Faustus muss sich entscheiden: Kampf oder Untergang, Gut oder Böse... Der Held des Romans, Johann, ist ein außerordentlich stolzer, kühler und kluger Geist, zu klug eigentlich für die Kunst, der aber dennoch von Drang nach dem Kreativen erfüllt ist und dazu Enthemmungen braucht, die ihm in dem ideellen Rahmen des Buches nur der Böse verschaffen kann. Eins ist klar, diesen Roman kann man nicht weglegen, bevor die letzte Seite verschlungen ist. Die wundersame Geschichte des Johann Georg Faustus samt seinen abenteuerlichen Reisen durch das ausgehende mittelalterliche Europa ist einfach zu packend. Der geistige Vater dieses begabten und wissbegierigen Reisenden schafft es, dem Leser das Gefühl zu geben, man beobachte alles wie eine Krähe, die übrigens im Buch eine unheimliche Rolle spielt, von des Protagonisten Schulter. Der Roman ist vielschichtig, lebendig, profund, ja und sprachlich ein Genuss für den Leser. Lesen, lesen, lesen…es kostet nicht die Seele und ist doch ein teuflisches Vergnügen. Königliche Unterhaltung.