Rezension

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Das Beste, was Deutschlands Fantasy seit Langem zu bieten hat!

KALYPTO - Die Herren der Wälder - Tom Jacuba

KALYPTO - Die Herren der Wälder
von Tom Jacuba

„Kalypto - die Herren der Wälder“ von Tom Jacuba ist ein 560 Seiten starker High-Fantasy-Roman, erschienen bei Bastei-Lübbe am 16.04.2015.

Vier Magier des Ersten Kalyptischen Reiches erwachen aus einem magischen Schlaf und widmen sich ganz und gar ihrer Aufgabe, ein zweites Kalypto zu errichten. Jeder der vier Magier zieht in eine andere Himmelrichtung, um ein Volk zu finden, zu unterwerfen und in die Schlacht gegen die anderen Völker zu schicken. Nur das stärkste Volk soll am Ende würdig sein, die Basis für Kalyptos Rückkehr zu bilden.

In diesem ersten Teil der geplanten Trilogie lernen wir zwei der Völker besonders gut kennen:

Zum Einen das Waldvolk mit dem jungen Jäger Lasnic, der sein Herz immer auf der Zunge trägt, eine besondere Verbindung zu Tieren hat und manchmal zu Wutausbrüchen neigt.

Zum Anderen das von Frauen geführte Bergvolk von Garona mit der jungen Königin Ayrin, die unter mysteriösen Umständen ihre Mutter verliert und stattdessen eine ungeliebte Halbschwester bekommt.

Das Buch erzählt immer abwechselnd aus den drei verschiedenen Perspektiven von der kalyptischen Magierin Catolis, Königin Ayrin und Waldmann Lasnic. Nach und nach verwebt der Autor die Handlungsstränge miteinander, bis zum Schluss alle ineinandergreifen.

Die Charaktere sind allesamt mit sehr viel Liebe fürs Detail geschrieben worden, herrlich unperfekt, authentisch, vielschichtig. Schon durch ihre Sprechweise, die unterschiedlicher nicht sein könnte, schaffen sie jeweils ihre völlig eigene Atmosphäre. Tom Jacuba hat das Werk mit ganz neuen Wörtern und Bezeichnungen gespickt, die sich aber vollkommen natürlich lesen, den Lesefluss nicht ins Stolpern bringen. Einer von Lasnics Lieblingsflüchen hat es schnell bis in meinen Sprachgebrauch geschafft. (Du wirst wissen, welchen ich meine, wenn du das Buch gelesen hast.) Einfach witzig und stimmig, was für eine Sprache vor allem den deftigen Waldmännern gegeben wurde. :-)

Trotz der detailreich aufgebauten Welt gab es keinen langatmigen Start und kein ewiges Kämpfen durch ellenlange Beschreibungen, wie sie einem am Anfang so dicker Fantasy ja schonmal zu schaffen machen können. Diese Tatsache hat mich gleich zu Beginn überzeugt.

Und auch in einem anderem Punkt hebt sich „Kalypto – die Herren der Wälder“ von einem Großteil vergleichbarer Fantasy-Werke ab: Und zwar denke ich an die richtige Dosierung der Kriegsgeschehnisse. (Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich will nicht gefühlt die Hälfte des Romans von taktischen Aufstellungen, Hieben, Parieren, Feldkämpfen etc. lesen, das langweilt mich irgendwann.) Klar, auch hier wird gekämpft: Es fließt Blut, Charaktere sterben, manche werden furchtbar zugerichtet – es herrscht schließlich Krieg! Doch es wird hier nicht seitenlang jeder einzelne Schwerthieb beschrieben und das hat mir sehr gut gefallen. Die Schrecken des Krieges werden auch so deutlich genug dargestellt. (So deutlich, dass ich hier und da ein paar Tränchen vergossen habe.)

Wie der Krieg endet und wer gegen wen... Das musst du selbst herausfinden. Viele Rätsel werden dem Leser in diesem Buch präsentiert. Einige werden aufgedeckt, viele Fragezeichen bleiben. So dass man sich ganz wunderbar auf den nächsten Teil der Trilogie freuen kann, die Anfang 2016 erscheinen soll.

Fazit: Allen Fantasy-Fans eine 100%ige Leseempfehlung! Seit Jahren hat mich kein Werk dieses Genres auch nur ansatzweise so gut unterhalten und in seine Welt entführt (ausgenommen mein Fantasyheld Patrick Rothfuss). :o) Was deutschsprachige Fantasy-Autoren betrifft, hat mein persönliches Siegertreppchen dieses Jahr eine neue Nummer Eins bekommen. Mit einem tollen sprachlichen Geschick werden hier eine Welt, Charaktere und Handlungen erschaffen und ineinander verstrickt und wecken einen Regenbogen aus Emotionen. Und hier ende ich mit einem Zitat des Eiswilden Gumpen:

„Kein Hingang ohne Wiederkehr.“

Zum zweiten Teil werde ich zu Tom Jacuba und somit zu Catolis, Lasnic, Ayrin und den vielen anderen liebgewonnenen oder gehassten Charakteren zurückkehren, das ist sicher!