Rezension

Das Buch das einem Unfall gleicht...

1794 - Niklas Natt Och Dag

1794
von Niklas Natt och Dag

Bewertet mit 4 Sternen

...denn obwohl man weiß, dass man eigentlich vielleicht lieber wegschauen sollte kann man den Blick nicht abwenden.
Vorweg: ich habe auch schon 1793 gelesen und wusste daher was mich erwartet.  Natt och Dag schreibt düster, melancholisch, brutal und ohne Kompromisse. Er bringt seine Leser an die Grenzen jeglicher Komfortzone und das ist manchmal nur sehr schwer zu ertragen, stößt einen teilweise sogar ab.

Ich versuche eine kurze Inhaltsangabe ohne zu spoilern, ich werde mich daher kurz fassen. Das Buch ist erneut in Jahreszeiten unterteilt, nicht chronologisch.
Wir begleiten zuerst Erik, der von seinem Vater auf eine karibische Insel geschickt wird. Er schildert alles in einer Art Tagebuch aus seiner Sicht. Er ist jung,naiv und fasst sehr schnell Vertrauen zu einer Person der er besser nie begegnet wäre. Seine Reise endet in Stockholm in einem Irrenhaus, des Mordes seiner jungen Braut verdächtigt. Doch deren Mutter glaubt dies nicht und sucht den Häscher Cardell auf, den wir aus dem ersten Teil kennen. Gemeinsam mit dem Bruder des verstorbenen Cecil Winge macht er sich auf die Suche nach dem wahren Mörder.

Ich habe das Dickerchen in 2 Tagen weginhaliert. Natt och Dog schreibt derart mitreissend,seine Geschichten entwickeln einen Sog dem man sich nicht entziehen kann. Er lässt mit seiner Sprache jede Umgebung zum Leben erblühen, lässt jeden Charakter greifbar werden- in meinen Augen sucht das seinesgleichen. Warum ich diesmal einen Stern abziehe liegt in der Grausamkeit des Bösen. Ganz ernsthaft- egal wem ihr schon an Schurken begegnet seid- dieser hier ist ihr Meister. Ja, ich war auch wie beim ersten Teil von den physischen Taten entsetzt. Aber das psychische ist hier so immens brutal und grausam, dass es mir ein wenig die Geschichte verdorben hat. Denn dieses Buch, Natt och Dogs grandioser Erzählstil, hat diese Grausamkeit nicht nötig, zumindest nicht in diesem Ausmaß. Wo ich sie im ersten Teil als absolut notwenig erachtet habe, kam sie mir hier ein wenig aufgesetzt vor. Ich möchte dem Autor noch nicht mal Vorsatz vorwerfen um die Sensationsgier einiger Leser zu befriedigen. Ich weiß nur, dass ich,am Ende des Buches angelangt, fast schon angesäuert war. Ich brauche kein Happy End um ein Buch zufrieden zu zuklappen aber hier war es mir einfach too much. Ich finde,dass der Autor sein eigenes Buch, seine Geschichte dadurch selbst abwertet und das tat mir regelrecht weh. Ich habe daher jetzt auch einige Tage gebraucht um diese Enttäuschung in Worte zu packen.

Nichtsdestotrotz ist dies ein Buch das es wert ist gelesen zu werden,mit der Einschränkung, dass ich es nur Lesern die über einen robusten Magen verfügen empfehlen würde und die nicht allzu sensibel im Allgemeinen sind. Und das ist eine absolut ernst gemeinte Warnung!