Rezension

Das Buch ist eine große, positive Überraschung

Midnight Blue - L. J. Shen

Midnight Blue
von L. J. Shen

Bewertet mit 4 Sternen

„Du bist jung, gesund und Single. Sei nicht so zugeknöpft. Betrink dich. Steig mit berühmten Kerlen ins Bett. Poste Fotos von dir auf Instagram, damit alle Welt sie sieht. Du solltest leben und Fehler machen, und ich biete mich an, einer davon zu werden, weil du nämlich nichts zu verlieren hast. Wir beide haben ein Verfallsdatum. Eine Frist. Wir gondeln von einem Fünf-Sterne-Hotel zum nächsten, müssen ein Album komponieren und deine Familie retten. Gib verdammt noch mal endlich zu, dass das alles in ein und dieselbe Richtung zeigt: auf uns. Zusammen. Für den Augenblick.“

Von L.J. Shen hatte ich letztes Jahr "Vicious Love" gelesen und konnte mich damit leider überhaupt nicht anfreunden. Mir hatte da der Stil nicht gefallen und die Charaktere waren mich nicht vielschichtig genug. Ich habe daher die Autorin bei den nachfolgenden Bänden gemieden. Der Klappentext von "Midnight Blue" hat mich jedoch angesprochen, weswegen ich der Autorin noch einmal eine Chance gegeben habe. Das habe ich definitiv nicht bereut!

Es gibt zwar einige Rockstar-Romanzen, sodass man sich fragen kann, warum man gerade dieses Buch hier lesen sollte. Die simple Antwort ist, einfach nur weil es schön ist. Alex Winslow ist zwar ein Rockstar, aber er könnte fast auch jeden anderen Job haben, Die Musik steht hier nicht wirklich im Fokus. Es geht stattdessen um seine Drogenabhängigkeit sowie seinen Alkoholismus, seine Probleme sich anderen gegenüber zu öffnen und sein riesengroßes Ego.

Ein schöner Kontrast dazu ist Indigo, die extremst introvertiert ist. Sie hegt eine Abneigung gegen alles, was Alex verkörpert. Sie hat ihre Eltern an einen betrunkenen Autofahrer verloren, ihr Bruder kämpft auch gegen den Alkoholismus an und sie versucht sich einfach nur durchs Leben zu schlagen. Besonders gut hat mir da gefallen, dass ihr Leben nicht komplett schlecht ist, sondern dass sie sich durchaus an Kleinigkeiten erfreut.

Bei so unterschiedlichen Charakteren ist es nicht verwunderlich, dass es hier den ein oder anderen Schlagabtausch gibt und dass die beiden zunächst nicht besonders glücklich sind, miteinander arbeiten zu müssen. Es hat mir enorm gut gefallen, dass es keine Geschichte mit Liebe auf den ersten Blick ist. Das hätte hier einfach überhaupt nicht gepasst. Jede Veränderung, die die Figuren durchlaufen, war in meinen Augen plausibel und nachvollziehbar.

Obwohl das Buch in das Genre der Erotik fällt, gibt es hier ausgesprochen wenige detaillierte Bettszene. Nicht dass mich das generell stört, aber so gibt es in diesem Buch noch viel mehr Raum für eine richtige Handlung. So stehen die Charaktere sowie ihre Entwicklung mehr im Vordergrund, wodurch der Leser sie viel besser kennenlernen kann. Dadurch waren sie mir greifbar und komplex, was ich bei Vicious Love angekreidet hatte.

Insgesamt bin ich sehr froh, dass ich der Autorin noch einmal eine Chance gegeben habe und werde bestimmt in Zukunft auch noch häufiger nach einem Buch von ihr greifen. Es war eine wirklich gute Unterhaltung.