Rezension

Das Ende fand ich nicht gelungen

Das flüssige Land
von Raphaela Edelbauer

Bewertet mit 3 Sternen

Die Handlung ist zum Teil ziemlich konfus und unbefriedigend. An manchen Stellen hat es mich etwas an Kafka erinnert.

Viele Fragen die Ruth stellt werden nicht beantwortet. Auch als Leserin kann ich mir diese Fragen nur im Zusammenreimen beantworten. Der Roman dreht sich um genau diesen Punkt: alles was unausgesprochen bleibt, alles was vertuscht wird und den Menschen die sich damit abfinden. Aber auch um die eigene Familiengeschichte, der Ruth ebenso auf die Spur kommen möchte.

Das Groß-Einland kann als Metapher für alles verstanden werden, was in Österreich und auch Deutschland nach 1945 schön unterm Deckel gehalten wurde. Die Schweigekultur und auch wie dieses Schweigen fast schon zelebriert wird. Auch in der eigenen Familie und die eigene Rolle im Nationalsozialismus. Gleichzeitig dreht sich die Handlung auch darum, wie sich Ruth. immer mehr in diesem Ort verliert und ihre eigenen Probleme dabei durchaus eine Rolle spielen. Doch wie die Groß-Einländer ihre Geschichte beiseite schieben und der Gräfin die Kontrolle überlassen, ignoriert sie selbst ihre psychischen Probleme. Gleichzeitig verschiebt sich das Zeitempfinden und im Grunde kann man überhaupt nicht einschätzen, in welchem Zeitraum die Handlung eigentlich wirklich spielt. Zeit fühlt sich ja manches mal an, als ob sie rast oder zähflüssig dahin fließt. Das hat die Autorin ziemlich gut eingefangen.

Das Loch das in der Stadt immer größere Bedeutung erhält, ist letztendlich die Metapher für all die Lügen und Geheimnisse des Dorfes. Die Zerstörung des Ortes liegt schwer über der Geschichte. Doch keine der Figuren der ... begegnet bricht das Schweigen. Alle verlieren sich in konfusen Antworten. Manche entschuldigen sich vor allem damit, das die Gräfin alles in der Hand hat und ignorieren die eigene Verantwortung komplett. Andere verlieren sich in kryptischen Antworten. Sicher ist nur das sie sich eher der Heimat verpflichtet fühlen, als den Toten, die der Ort zu verantworten hat. Die Vergangenheit solle gefälligst ruhen und Ruth solle sich nicht so egoistisch verhalten, sondern lieber den jetzigem Problem stellen und die Absenkung verhindern.

Letztendlich hat mich der Roman über lange Strecken wirklich ziemlich für sich eingenommen. Doch das Ende hat mich ehrlich gesagt so wenig überzeugt, dass ich mehr abziehe, als ich zunächst gedacht hätte. Es wirkt nicht ganz stimmig für mich und macht die Hauptfigur zu einer Person, die letztendlich nicht nur vor der Wahrheit davonläuft, sondern sich der Schweigekultur anschließt. Damit erklärt die Autorin vielleicht authentisch, welche Mechanismen hinter der Schweigekultur nach 1945 stecken, aber ich finde auch, das Ende wirkt als habe die Autorin nicht so recht gewusst, was sie nun noch erzählen könnte. Schwierig zu erklären, aber ich persönlich fand es jedenfalls nicht besonders gelungen und gebe daher insgesamt nur eine mittlere Bewertung.