Rezension

Das etwas andere Pferdebuch

Dark Horses - Cecily Von Ziegesar

Dark Horses
von Cecily von Ziegesar

Bewertet mit 4 Sternen

Ich kann alles, was du willst. Du musst mich nur darum bitten.

Wenn man dieser Geschichte eine Sache nicht vorwerfen kann, dann die Tatsache, dass in ihr ein Mangel an Spannung und traurigen sowie verstörenden Momenten herrscht. Ich habe früher eine Menge! Pferdebücher gelesen, aber bis heute seit Jahren kein einziges mehr. Umso interessierter war ich an Dark Horses, denn ich konnte mir den Stil nach der gelesenen Inhaltsangabe einfach nicht so richtig vorstellen.

Es geht um ein Mädchen namens Merritt, die in ihrem psychisch labilen Zustand unvermittelt auf das ehemalige Rennpferd Big Red trifft. Zwischen den beiden entwickelt sich ein Band, dass für Außenstehende nur schwer begreifbar ist und auch der Leser hätte damit wohl gewisse Probleme, wenn das Pferd nicht selbst Einblick in sein Innerstes gewähren würde. Bisher oberflächlich ein eher klassisches Jungend-Pferde-Buch, in dem der obligatorische Sieg auf einem Turnier und das klassische Happy-End in Form von Eigentumsübertragung des Pferdes auf die Hauptperson  erwartet wird. Doch Dark Horses ist kein gewöhnliches Buch.

Den Hauptunterschied macht wohl Red. Dieser wurde nämlich mit einem überaus menschlichen Charakter ausgestattet und besitzt so viele Eigenschaften, bei denen wir froh sein können, dass richtige Pferde ihn so wohl eher nicht haben. Würde man ihn einem Test für Psychopathen unterziehen, er würde definitiv einige Punkte holen. Ansonsten ist er eine Mischung aus depressiv-aggressivem und aufopferndem-loyalen Charakter – und steht dadurch quasi mit sich selbst im Konflikt. Gepaart mit seiner absolut besitzergreifenden und eifersüchtigen Art ist er der interessanteste Charakter in der ganzen Geschichte. Merritt ist dagegen schon beinahe leicht durchschaubar obwohl auch ihre Person stark durchleuchtet wird. Insgesamt kann man die Ausarbeitung der Charakter in diesem Buch nur würdigen. Selbst mehrteilige Bücherreihen schaffen oftmals keinen so genauen Einblick ins Innere ihrer Protagonisten. Aber gut, in diesem Buch stand das auch im Fokus.

Insgesamt ist es erstaunlich, wie viele Anspielungen in diesen 400 Seiten stecken. Freundschaft, Trauer, Schuld, Wut, Hass, Depressionen, Eifersucht, Liebe, ich könnte die Liste noch eine ganze Weile weiter führen.

Insgesamt also definitiv kein Pferdebuch im klassischen Sinn und ja ich habe auch das ein oder andere Tränchen verdrücken müssen. Und wenn ich hier dem Text auf dem Buchrücken wiederspreche, nicht weil es herzzerreißend schön war, sondern weil es mich an so mancher Stelle zutiefst deprimiert hat. Dies soll aber keine direkte Kritik an der Qualität der Geschichte sein, die ist nämlich tatsächlich so gut, dass ich sie an einem Tag verschlungen habe.

Also definitiv eine Leseempfehlung – und die richtet sich nicht unbedingt nur an Pferdeleute und auch nicht unbedingt an Kinder. Denn dieses Buch bietet auch etwas für Psychothriller- und Krimi-Fans und ist kein Standard-Ponybuch für kleine Pferdeliebhaber. Am besten beschreibt man es mit dem absolut passenden Cover – hier geht es um Pferde, ums Reiten und um die tiefe Bindung zwischen einem Mädchen und einem Pferd, aber auch um das, was hinter der Fassade, hinter den Augen, vor sich geht.