Rezension

*+* Das fast Hundertjährige, das mein Herz eroberte *+*

Das Haus der vergessenen Bücher - Christopher Morley

Das Haus der vergessenen Bücher
von Christopher Morley

Bewertet mit 5 Sternen

*+* Zur Rezension auf meinem Blog "live und in Farbe" geht es hier entlang:
http://irveliest.wordpress.com/2014/09/17/christopher-morley-das-haus-de... *+*

Inhalt:
New York, 1919. Roger Mifflin hat seine größte Leidenschaft, das Lesen, zum Beruf gemacht. In seinem Antiquariat in Brooklyn findet man ihn dort, wo der Tabakrauch am dichtesten ist. Unterstützt wird er von seiner ebenso patenten wie resoluten Ehefrau und seinem Hund Bock – Bock wie Boccacio. Bücher sind Mifflins Leben. Von Werbemaßnahmen für sein Geschäft will er allerdings nichts wissen, und so lässt er den jungen Aubrey Gilbert, angestellt bei der Grey Matter Agency, ziemlich abblitzen, als der ihm seine Dienste anbietet. Dennoch freunden sich die beiden an, und bald kommt Gilbert täglich ins Geschäft. Was auch an Mifflins neuer Hilfskraft liegen mag – der schönen Titania Chapman, deren Leben in Gefahr zu sein scheint. Und das gilt nicht nur für ihr Leben …
(Quelle: Atlantik-Verlag)
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Das Cover:
Es ist sehr schlicht, aber dennoch sehr ansprechend gestaltet. Auf blauem Grund ist ein mit Büchern bepacktes Fahrrad zu sehen, ebenso ein Hund. Diese Wahl lässt lässt sich nach der Lektüre des Romans gut nachvollziehen.
Dieses Buch wurde von Christopher Morley vor knapp 100 Jahren geschrieben, daher gefällt mir diese leicht verstaubte, nostalgische Schriftwahl und auch die Darstellung des Titels sehr.
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„Das Schöne am Buchhandel ist, dass man kein Literaturkritiker sein muss. Alles, was man braucht, ist die Freude am Buch.“
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In diesem Sinne: Viel Spaß mit meiner Rezension zum „Haus der vergessenen Bücher“.
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Liebe Leser,
Sie wundern sich sicher, mich jetzt hier anzutreffen. Bitte achten Sie nicht allzu sehr auf mich. Ich versuche gerade, Aubrey Gilbert hinterher zu schleichen und es wäre der Sache nicht gerade zuträglich, jetzt ertappt zu werden. Der junge Mann ist da einer ganz großen Sache auf der Spur. Nichts Genaues weiß man noch nicht, aber auf ihn ist ein Überfall verübt worden und er fürchtet um sein Leben und vor allem um das seiner Angebeteten Titania, die Mr. Mifflins kürzlich als Auszubildende unter seine Fittiche genommen hat.
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Aber wer weiß, wer in dieser undurchsichtigen Angelegenheit seine Finger im Spiel hat… Alles ist noch so vage, dass irgendwie jedermann verdächtig sein könnte. Worum es geht, lässt sich bisher allenfalls erahnen.
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Ehrlich gesagt…ja, es sind merkwürdige Dinge in und um Mr. Mifflins Buchhandlung geschehen, der Buchhandlung, in der es spukt. Ein bestimmtes Buch scheint die Schlüsselrolle zu spielen, denn mal ist es da, dann ist es wieder wie von Zauberhand verschwunden.
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Sehr sehr merkwürdig, wenn sie mich fragen. Aber da ich nicht zu denen gehöre, die an Spuk glauben, habe ich mich an die Fersen des jungen Herrn geheftet, um ein bisschen Licht in das Dunkel zu bringen. Neugier ist mein zweiter Vorname…
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Verdächtig sind mir auf den ersten Blick viele der Protagonisten des Buches, aber bei genauerem Überlegen möchte ich mich doch schon konkret auf zwei Personen festlegen. Wer das ist, wollen Sie wissen?
Nein, das verrate ich nicht. Stellen Sie sich mal vor, ich liege falsch, wie stehe ich denn dann da?
Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich stehe gerade hinter „Parnassus“, Mr. Mifflins Buchhandlung in Brooklyn, und irgendetwas stimmt hier gerade gar nicht. Ich sehe mich mal weiter um, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass das Übel seinen Ursprung ganz woanders genommen hat und das es hier um weit mehr geht als das Versteckspiel mit einem Buch.
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Soweit ein kleiner Einblick in die Geschichte des Romans. Nur um ein kleines Gefühl zu vermitteln, worum es hier geht.
Aber dieser „Kriminalstrang“ um dieses eine spezielle Buch ist längst nicht alles, was „Das Haus der vergessenen Bücher“ ausmacht. Dieser Roman ist viel mehr.
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„Ich behaupte, dass Bücher keine toten Dinge sind. Sie sind so berühmt wie die berühntem Drachenzähne, die, einmal gesät, eins Tages als bewaffnete Krieger aus dem Boden schießen können.“
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Selten fühlte ich mich in der Gesellschaft eines Buches so wohl. Sehr schnell spielte mein Kopfkino diese Erzählung ab und so fand ich mich ganz gemütlich in der Geschichte wieder. Nahm ebenfalls Platz in einem der gemütlichen Lesesessel des Mr. Mifflins als er seine Zufallsbekanntschaft Mr. Gilbert zu sich nach Hause einlud. Ebenso begleitete ich den Besitzer in seinen Club und lauschte seinen Gesprächen, war dabei als die Auszubildende Titania ankam, passte bei ihren Lerngesprächen gut auf und wunderte mich mehr als Mr. Mifflins selbst über den Spuk rund um das besagte Buch.
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„Manchmal ist mir, als glitte ich an den Küsten von Schönheit oder Wahrheit entlang und hörte die Wellen auf den schimmernden Sand schlagen. Dann aber trägt mich ein ablandiger Wind der Resignation oder des Vorurteils wieder davon.“
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Vor allem der Bibliothekar hat mein Leserherz im Sturm erobert. Seine Liebe zu Büchern war natürlich ein dicker Pluspunkt, aber auch sonst wusste er mich zu überzeugen. Vielleicht lag es an seiner humorvollen, pflichtbewussten, hingebungsvollen und herzensguten Art, dass ich selbst die sonst von mir sehr ungeliebten Monologe wirklich gerne las. Mit einem trockenen Humor amüsierte er mich an einigen Stellen köstlich und ich freute mich immer sehr, wenn er das Wort ergriff – und das wie gesagt meist sehr ausgiebig. Auch seine Einstellung, alles nicht so verbohrt zu sehen, hat mich beeindruckt. „Ein Buch, das kommt und geht.“ Viel mehr Aufhebens machte er nicht um das „Spukbuch“.
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Dieser Roman wurde kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs geschrieben. Damals hatte es sicher noch eine ganz andere Brisanz als heute, aber selbst jetzt, knapp hundert Jahre später, kann man sich noch an den wundervollen Aussagen erfreuen, die durch ihre Zeitlosigkeit immer aktuell bleiben werden.
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„Das Leben in einer Buchhandlung ist wie das Leben in einem Munitionslager. Diese Regale sind angefüllt mit dem gefährlichsten Sprengstoff der Welt – dem menschlichen Geist.“

Eine Sprengkraft, die mich sehr überzeugt hat…in vielerlei Hinsicht!
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Dieses bemerkenswerte Buch las ich im Rahmen einer SOKO-Buch-Leserunde. Jedes unserer Mitglieder las unter einem anderen Schwerpunkt. Mein Hauptaufgabenmerk lag auf „den Verdächtigen“, weshalb ich den etwas ungewöhnlichen Einstieg in meine Rezension gewählt habe.
Wer Interesse an den Meinungen der anderen SOKO-Mitgliedern hat, findet diese in dieser Übersicht.
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„Bücher sind die Reservoirs des menschlichen Geistes, und der ist das einzig Bleibende auf der Welt.“
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Mein Fazit:
Dieser Roman ist eine Hommage an die Literatur und ein Geschenk für alle bibliophilen Menschen.
Sehr gerne vergebe ich mit 5 Sternen die Höchstwertung!

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Infos zum Buch:
„Das Haus der vergessenen Bücher“ ist 1919 von Christopher Morley geschrieben worden. Die deutsche Erstausgabe wurde unter der ISBN-Nr. 978-3-455-60012-4 im Juli 2014 im Atlantik-Verlag erschienen. Es umfasst 256 Seiten und ist auch als Ebook erhältlich.

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