Rezension

"Das Feuerzeichen" von Francesca Haig

Das Feuerzeichen - Francesca Haig

Das Feuerzeichen
von Francesca Haig

Bewertet mit 4 Sternen

Als Zwillinge geboren, zu Feinden erzogen
Vierhundert Jahre in der Zukunft: Durch eine nukleare Katastrophe wurde die Menschheit zurück ins Mittelalter katapultiert. Es ist eine Welt, in der nur noch Zwillinge geboren werden. Zwillinge, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie ohne einander nicht überleben können. Allerdings hat immer einer von beiden einen Makel. Diese sogenannten Omegas werden gebrandmarkt und verstoßen.
Es ist die Welt der jungen Cass, die selbst eine Omega ist, weil sie das zweite Gesicht besitzt. Während sie Verbannung, Armut und Demütigung erdulden muss, macht ihr Zwillingsbruder Zach Karriere in der Politik. Cass kann und will diese Ungerechtigkeit nicht länger ertragen und beschließt zu kämpfen. Für Freiheit. Für Gerechtigkeit. Für eine Welt, in der niemand mehr ausgegrenzt wird. Doch die Rebellion hat ihren Preis, denn sollte Zach dabei sterben, kostet das auch Cass das Leben …

SCHON WIEDER EINE DYSTOPIE?

Eigentlich hatte ich momentan so gar keine Lust auf eine Dystopie. Seit den Tributen von Panem sind die ja ganz groß in Mode und immer mehr Autoren springen auf den Zug auf. Sie schreiben dreiteilige Dystopien, weil sie wissen, es funktioniert. Die Geschichten haben mal mehr, mal weniger Potenzial, doch Das Feuerzeichen gehört eindeutig zur ersten Gruppe. Das Buch hebt sich vor allem durch die Grundidee von Büchern gleicher Art ab, denn die Zwillingsidee macht einfach von Anfang an neugierig, weswegen ich es unbedingt lesen wollte.

UND? EINE 08-15-DYSTOPIE?

Eigentlich laufen doch Bücher dieser Art alle gleich ab, oder? Der Protagonist oder in Dystopien sehr viel beliebter, die Protagonistin lebt irgendwo am Rande der Gesellschaft und versucht mehr oder weniger allein, die Ungerechtigkeit der bestehenden Formen zu bekämpfen. Soweit, so bekannt. Auch Das Feuerzeichen hält sich an die bewährten Regeln. Aber die Grundidee mit den Zwillingen hat mich nicht mehr losgelassen. Wie für einen ersten Teil zu erwarten, wird dem Leser die Geschichte nahe gebracht, die Charaktere vorgestellt. Man bekommt ein recht gutes Gefühl von Cass düsterer und brutaler Welt.

WIE IST DIE HELDIN?

Cass wird eigentlich recht detailreich beschrieben und trotzdem konnte ich mir sie einfach nicht recht vorstellen. Auch was meine Sympathie für sie angeht, bin ich echt unentschlossen. Sie hat den typischen Plan, sich gegen ihre Unterdrückung zu wehren. Doch sie sieht auch, dass Omegas und Alphas miteinander verbunden sind, denn immer wenn ein Mensch stirbt, stirbt auch sein Zwilling. Immer wieder springt sie für ihren machtgeilen Bruder in die Bresche, was ja an sich ganz nett ist, manchmal aber auch recht blauäugig. Sie sieht in ihm immer auch ein Opfer, obwohl er an der Situation der Omegas nicht ganz unschuldig ist, um nicht zu sagen, er ist die treibende Kraft dahinter.

Unterstützt wird Cass vor allem von Kip, einem jungen Mann, den sie bei ihrer Flucht befreit hat. Zwischen ihnen entwickelt sich eine kleine Liebesgeschichte, die so zuckersüß war, dass ich fast dahin geschmolzen bin. Der ganze Handlungsstrang läuft die ganze Zeit im Hintergrund ab, wird nie richtig thematisiert, aber er ist da. Damit eine solche Lovestory einem richtig ans Herz geht, muss sie nicht immer pompös und absolut dominant sein, manchmal ist es so viel schöner, wenn sie sich zart im Hintergrund entwickelt. Es müssen nicht immer gleich Posaunen und rosa Herzchen und nackte Amorengel sein, manchmal reicht ein leises Knistern, um mein Herz höher schlagen zu lassen.

NUR STELLENWEISE RICHTIG FESSELND

Einen Minuspunkt sehe ich vorallem in dem inkonsequenten Spannungsbogen. Nachdem der Leser in die Geschichte eingeführt wurde, fällt die Spannung nämlich total in den Keller. Die ganze Flucht von Cass und Kip zieht sich hin wie Kaugummi. Erst nachdem die beiden endlich auf der Insel angekommen sind (die sie übrigens schon recht schnell gefunden haben, wenn man bedenkt, dass sämtliche Alphas seit geraumer Zeit danach suchen), nimmt die Story wieder an Fahrt auf.

So richtig rasant wird es aber zu keiner Zeit, schon alleine wegen des sehr gemächlichen Schreibstils. Selbst zum "großen Finale" hin  und während der Kapfszenen, hatte ich nie das Gefühl, dass die Geschichte voran gehetzt wird. Obwohl sich das vielleicht jetzt langweilig anhören mag, funktioniert es. 

EIN SOLIDER REIHENAUFTAKT

Der erste Teil dieser Trilogie lässt mich neugierig zurück. Obwohl ich anfangs nicht genau wusste, wie diese Zwillingsgeschichte ablaufen soll, konnte mich die Geschichte zum größten Teil gefangen nehmen. Nach einem ganz üblen Ende, bei dem ich kaum glauben konnte, was da passiert, wurde mir bewusst, dass ich noch mehrere Monate auf Teil 2 warten muss. Und wenn ich schon jetzt zu Hibbeln anfange, spricht das nur für dieses Buch. Für Fans von "Die Tribute von Panem" oder "Die Bestimmung" ist diese Reihe ein Muss.