Rezension

Das Glück des Einen ist das Unglück des Anderen

Das Licht zwischen den Meeren
von M. L. Stedman

Bewertet mit 4 Sternen

Als ich das Cover dieses Buches sah, dachte ich an ein seichtes unterhaltsames Buch zum Entspannen. Doch wie so oft im Leben, sollte man sich nicht von Äußerlichkeiten leiten lassen. Denn dieses Buch ist nicht nur in einer ansprechenden und anspruchsvollen Sprache geschrieben, sondern überrascht mit einer Geschichte, die nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern auch polarisieren könnte.

Angesiedelt ist diese Geschichte in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in Australien,genauer gesagt, auf einer kleinen Leuchtturminsel, Janus Rock und einem kleinen Ort namens Partageuse.
Tom, einer der Hauptfiguren des Romans, kommt nach dem 1. Weltkrieg scheinbar unversehrt aus dem 1.Weltkrieg zurück. Doch seine Verwundungen liegen tiefer. Nicht nur das zerrüttete Verhältnis zu seinem Vater, sondern auch die Erlebnisse im Krieg haben ihn verwundbar und sensibel gemacht und so kommt ihm das Angebot als Leuchtturmwärter auf Janus Rock zu arbeiten wie gerufen. Hier hofft er Ruhe zu finden, um die Geister der Vergangenheit zu bezwingen. Als er bei einem Landaufenthalt die lebenslustige und selbstbewusste Isabel kennenlernt, sagt er nicht nein, als sie ihm einen Heiratsantrag macht. Die Beiden richten sich ihr Leben auf der Leuchtturminsel ein und verstehen sich gut. Nur Kinder bleiben ihnen versagt. Nach mehreren Fehlgeburten und einer Totgeburt, haben Isabel und Tom die Hoffnung aufgegeben eine Familie gründen zu können.
Als während eines starken Sturms ein kleines Boot auf der Insel angeschwemmt wird, finden Tom und Isabel eine toten Mann und ein ein paar Wochen altes Kind darin. Isabel überredet ihren Mann das Kind zu behalten und den Toten zu begraben. Tom fühlt sich nicht wohl mit dieser Entscheidung und stellt sie immer wieder infrage, doch wenn er sieht wie ,glücklich seine Frau endlich ist und wie das kleine Mädchen nicht nur ihr ans Herz wächst, verflüchtigen sich diese Gedanken, bis sie herausbekommen, dass die Mutter ihrer "Tochter" lebt und sie seit dem Tod ihres Mannes und dem vermeintlichen Tod ihrer Tochter, nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Als sie sie dann auf einer Feierlichkeit persönlich kennenlernen überschlagen sich die Ereignisse.

Ja, wie würde ich mich entscheiden? Dieser Gedanke ist mir sehr oft gekommen beim Lesen dieses Buches und was ist, wenn das Kind schon längere Zeit in einer anderen Familie gelebt hat. Steht das Kindeswohl vor dem Wohl der Mutter ? Viele Fragen wirft dieser zuletzt schon sehr emotionale Roman hervor. Und aus diesem Grunde glaube ich auch, dass es viele verschiedene Meinungen zu diesem Thema geben wird und das vermutet man nun wirklich nicht hinter diesem Buchcover. Auch die einzelnen Beschreibungen der Charaktere haben mir gut gefallen, allen voran Tom, dessen Gewissensbisse häufig offenbart wurden, aber auch, unter welchem Druck Isabel steht, dass sie " nicht in der Lage ist, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen". Welche Gefühle müssen in einem Menschen vorgehen, wenn er sich diesem Druck aussetzt.
Mir hat dieses Buch gut gefallen. Auch der Sprachstil war für mich sehr ansprechend und so kann ich dieses Buch allen empfehlen, die etwas Besonderes suchen.