Das Gute mit undemokratischen Mitteln
In der Süddeutschen stand kürzlich zu lesen, dass das mexikanische Golf-Drogenkartell auf die blendende Idee kam, den Corona-Virus auf perfide Weise zu nutzen, um sein Image aufzupolieren: mit der Verteilung von Lebensmittelpaketen an die darbende Bevölkerung. Das zeigt einerseits, wie unverschämt die Banden im Lande agieren, anderseits auch, wie machtlos ihnen Gesetz und Politik gegenüberstehen:
„Die Bande ist eines der ältesten Kartelle, sie hat eine eigene paramilitärische Einheit, Los Zetas. Diese machte sich aber irgendwann selbstständig und zerfiel in zwei Fraktionen, die sich dann einen Krieg lieferten. Ähnliches geschieht in fast allen Staaten Mexikos. Hunderte Gangs, Banden, Kartelle und Milizen bekämpfen sich. Sie haben das Land in einen immer brutaleren Drogenkrieg gestürzt.“ (Zitat aus dem Artikel der Süddeutschen).
Und schon sind wir mitten im Buch „Die Korrupten“ von Jorge Zepeda Patterson:
Eine beliebte mexikanische Schauspielerin wird brutal ermordet. Der Journalist Tomás Aridmendi bringt in einer Kolumne den Namen des Innenministers in den Fokus der Verdächtigen. Dies bringt den Journalisten selber in Gefahr. Glücklicherweise stehen ihm seine drei Freunde zur Seite. Sie beschliessen so rasch als möglich den wahren Mörder zu finden.
Das Quartett mutet an wie TKKG für Erwachsene. Sie nennen sich „die Blauen“. Der Freundeskreis besteht neben Tomás, aus der Politikerin Amelia, dem Sicherheitsberater Jaime und Universitätsprofessor Mario. Der Autor Jorge Zepeda Patterson ist selber als Journalist tätig ist; die politischen Gegebenheiten seines Landes kennt er wohl recht gut.
Womit haben wir es in diesem Roman zu tun: Politiker, die das Gute wollen, es aber mit undemokratischen Mitteln bewerkstelligen. Eine Führungsriege, die sich allen Ernstes damit befasst, wie man das „schlechtere“ Drogenkartell schwächen und ein „besseres“ stärken kann. Eine Politklasse, die kräftig bei schmutzigen Geschäften mitmischt und absahnt, wo es was zu holen gibt. Journalisten und Computerspezialisten, die entweder gleich mundtot gemacht oder dann zur Mitarbeit gezwungen werden. Die Liste der Missstände nimmt kein Ende. Tatsächlich scheint es so, dass keiner, auch die Blauen nicht, so integer ist, wie er gerne wäre. Ein Korruptionssystem, an das sich jeder irgendwie anpasst. Eine Situation, die uns als LeserInnen, die wir gerne an das Gute im Menschen glauben wollen, hilflos zurücklässt.
Titel: Die Korrupten, gebunden, 480 Seiten
Autor: Jorge Zepeda Patterson, aus dem Spanischen von Nadine Mutz
Verlag: Elster-Verlag, 2020,
ISBN 978-3-906903-15-6, Fr. 32.00/Euro 24.00