Rezension

Das Leben der einfachen Menschen in Holt - beeindruckend erzählt

Abendrot
von Kent Haruf

Bewertet mit 4.5 Sternen

Mit einem nüchternen Blick skizziert Kent Haruf in seinem Buch „Abendrot“ die Ränder der amerikanischen Gesellschaft. Die fiktive Kleinstadt Holt ist Schauplatz des Romans und zugleich der Ort, der die Handlung mit ihren unterschiedlichen Figuren zusammenhält. „Abendrot“ ist die Fortsetzung von „Lied der Weite“ des bereits verstorbenen amerikanischen Autors. Ein Fortsetzungsband zu „Abendbrot“ soll noch bei Diogenes erscheinen.

Kent Haruf zeigt in seinem Roman eine gesellschaftliche Kälte, der die Figuren kaum genügend eigene Wärme entgegensetzen können, um zu bestehen. Selbst der Rinderzüchter Raymond, die einzige ausschließlich positiv wirkende Figur des Romans, kommt kaum über die Runden und steht immer wieder vor der Pleite.

Holt erweist sich als ein Ort, an dem man sich behaupten muss, auch wenn man nur sein eigenes kleines Glück bewahren will. Die großen Träume haben in Kent Harufs „Abendrot“ keinen Platz. Umso zerbrechlicher wirken bereits die kleinen Träume der Einwohner von Holt. Haruf gelingt es in seinem Buch, dass man beim Lesen immer damit rechnet, dass nichts so bleibt, wie es beschrieben ist. Alles kann sich mir nichts dir nichts zum Guten oder zum Schlechten wenden.

Während Harufs Schreibstil mir anfangs etwas zu hölzern wirkte, muss ich sagen, dass er mir im Laufe des Lesens immer mehr gefallen hat. Es ist faszinierend, wie es ihm gelingt, mit wenigen Worten Stimmungen zu erzeugen – seien es beklemmende, seien es hoffnungsvolle. Wobei bei Haruf nie alles verloren ist und nie alles nur glücklich sein kann. Dabei bleibt es immer beim zurückhaltenden, beobachtenden Erzähler.