Rezension

Das Leben des Hermann Oberth – welche Verantwortung hat ein Wissenschaftler?

Die Erfindung des Countdowns - Daniel Mellem

Die Erfindung des Countdowns
von Daniel Mellem

Bewertet mit 4 Sternen

Das Leben des Hermann Oberth, der die Grundlagen der Raketentechnik entwickelte – eine Reise von Siebenbürgen über Peenemünde in die USA

Hermann Oberth, wer ist das denn? Nie gehört, aber fragt man Technik-, Physik- oder Raumfahrt-Interessierte, kennt man ihn. So auch der junge Autor – Physiker - der das ganze Leben dieses Mannes vor uns aufblättert, von der Kindheit in Siebenbürgen (jetzt zu Rumänien gehörend) bis zu Stationen in Peenemünde (Heeresversuchsanstalt der Nazis) und den USA.

Wer war er also? Ein hochintelligentes Kind, Jules-Verne-Fan, unfähig, sich in andere hineinzuversetzen, mit ihnen angemessen zu kommunizieren, einer, der alles wörtlich nimmt und keinen Humor hat, obwohl es auf andere manchmal unfreiwillig so wirkt. Vermutlicherweise hatte er eine leichte Form des Autismus. Auf jeden Fall war er ein einseitig mathematisch Begabter, der von der Idee besessen war, eine Rakete zu bauen und damit zum Mond zu fliegen und das technisch und physikalisch fundiert. Aber – da es zu Erfindungen und Entdeckungen auch gehört, sie erklären und andere dafür interessieren zu können, kam er 'auf keinen grünen Zweig', sondern wurde von den Nazis, denen er sich angedient hatte, auf ein Abstellgleis geschoben, damit er seine Ideen nicht 'an die andere Seite' verkaufte. Statt dessen bediente sich der Sunnyboy der Nationalsozialisten – Wernher von Braun – seiner Ideen und entwickelte die Vernichtungsrakete V 2 und wurde nach dem Krieg noch von den Amerikanern hofiert.

Armer Hermann Oberth! Zwar erinnerte sich von Braun gerne seines Lehrers und holte ihn sogar in die USA, aber der große Erfolg war das nicht für Hermann.

Dabei hatte er mir anfangs gar nicht Leid getan. Obwohl sozial völlig unfähig hatte er das Glück, Tilla (Mathilde) kennenzulernen, die ihn heiratete, vier Kinder alleine aufzog, kaum etwas von ihrem Mann hatte und trotzdem zu ihm hielt. Was für eine Frau! Patent, lebenstüchtig und loyal! Sie ist für mich die wahre Heldin des Buches. Sie ist es, weswegen ich dieses Buch gerne gelesen habe. Auch wenn ich mich anders verhalten hätte als sie, habe ich sie doch sehr bewundert.

Es gibt etliche ethische Fragen, die aber in diesem Buch nur kurz angerissen werden:

  • Darf man alles dem Beruf unterordnen? Ist er wichtiger als die Familie?
  • Macht fortschreitende Technik die Welt besser?
  • Sind manche Waffen 'sauberer' als andere?
  • Kann Aufrüstung den Krieg verhindern?

u.v.m., nicht unbedingt neue Fragen, schon oft gestellt und diskutiert, aber immer wieder interessant.

Ich habe dieses Buch gerne gelesen, auch wenn der Stil stellenweise ein wenig hölzern wirkt, was aber gut zu Hermann Oberth passt.