Rezension

Das Leben schreibt die schönsten Geschichten

Das Jahr des Rehs
von Stephanie Jana Ursula Kollritsch

Eine perfekte Sommerlektüre und ein Lesegenuss in jeder Beziehung. Etwas zum Schmunzeln und zum Nachdenken.

Vorweg sei gesagt: Ich habe mit dem Buch „Das Jahr des Rehs“ einige amüsierte, nachdenkliche, aber v.a. erfüllte Lesestunden verbracht. Etwas zum Schmunzeln und zum Philosophieren war auf der gesamte Länge dabei. Eine perfekte Sommerlektüre. Aber auch in jede andere Jahreszeit passt es wunderbar, denn die Handlung erstreckt sich knapp über zwei Jahre von 15.09.2012 bis 18.08.2014.

Das Cover passt sehr gut zum Inhalt. Eine Baumkrone, die sich quasi in ihren Wurzeln spiegelt und dort zwei recht unterschiedliche Vögel in rot und grün, die sich vom übrigen Baum des Lebens abheben. Bine und Bella sind schon grundverschieden, finden aber genug Gemeinsamkeiten und Zuneigung zu einander, um eine spannende Freundschaft zu führen.

Zwei Freundinnen, kurz vor ihren 40-sten Geburtsta,g finden sich nach 17  Jahren wieder und fangen an, einander E-Mails zu schreiben. Auf diese Weise denken sie über sich und die gegenwärtige Situation nach, ziehen Bilanz, muntern einander auf, teilen Ratschläge aus, nehmen auf diese Weise am Leben der jeweils andern teil und stellen die Weichen für die nächsten Jahre.

In diesem Werk wurden über alle Kernbereiche des Lebens schreibend nachgedacht: Familie, Kinder, Beruf, Partnerschaft, Verliebtsein, Beziehungen, Liebe, Freundschaft, Freizeitgestaltung, etwas von der Kunstszene in Berlin, etc. Ein Frauenbuch durch und durch. Oder natürlich etwas für Frauenversteher unter den Männern, v.a. für diejenigen, die es werden möchten.

Es gibt u.a. ein Rezept zum Backen und 8-Punkte-Plan zur Aufmunterung bei andauernd bedrückter Stimmung und ein 10-Punkte-Frühlingsprogramm. Sie können auch u.U. als Lebenshilfe in Krisensituation verstanden werden. Wegen der Listen erinnert der Roman an einen recht bekannten Titel einer amerikanischen Autorin, bei dem auf dem Cover auch ein Baum abgebildet ist, nur in Rot auf blauem Hintergrund. Auch einige wunderbare sinnliche Bilder vermischt mit der Suche nach sich selbst sind dabei. Ein längeres Gedicht von Mascha Kaléko hat auch seinen Weg in den Roman gefunden: „Jage die Ängste fort und die Angst vor den Ängsten…“ S. 75. Noch viele schöne kluge Zitate hier und dort verstreut erwarten die Leser.

Es ist recht leichtfüßig geschrieben. Der Stil ist authentisch, da besteht kein Zweifel, dass hier Frauen am Werk sind und zwei eher Archetypen von Frauen darlegen. Mal ist es fröhlich, mal nachdenklich melancholisch. Allein schon diese witzigen wie gekonnten Wortspielereien sind ein Lesegenuss.

Man kann aber nicht sagen, es wäre durchwegs die leichte Kost. Der Stoff ist stellenweise recht dicht, mit philosophischem Anschlag, beladen mit Existenzproblemen der beiden Freundinnen, tief schürfenden Einsichten und Lebensweisheiten. Die erste habe ich auf S. 18 entdeckt: „Insgeheim dachte ich immer: ‚Wenn du mal ein Kind hast, wirst du nie mehr allein sein auf dieser großen, weiten Welt.‘ Heute weiß ich, dass die Einsamkeit woanders sitzt, tiefer drinnen, und sie kann nicht von außen ersetzt werden, nur verdeckt.“  Ich musste alle 25-30 Seiten eine Pause einlegen, z.T. auch weil mir dieser Freundinnensprech und die E-Mail Form, in der die Geschichte verfasst ist, doch etwas ermüdeten.

Fazit: „Gib immer Dein Bestes, sollte das am Ende nicht reichen, hast Du Dir nichts vorzuwerfen.“ liest man auf Seite 134. Ich glaube ohne Weiteres, dass die Autorinnen ihr Bestes gegeben haben. Und es hat für eine Punktezahl von 5 Sternen und eine uneingeschränkte Leseempfehlung gereicht. Ich würde gerne auch weitere Werke von Stephanie  Jana und Ursula Kollritsch lesen.