Rezension

Das Leben schwarzer Jungs in einer Erziehungsanstalt - Erschütternd!

Die Nickel Boys
von Colson Whitehead

Bewertet mit 4.5 Sternen

Anfang der 60er Jahre wird der 16jährige Elwood unverschuldet in die Besserungsanstalt Nickel Academy, Florida, gesperrt. Elwood ist ein intelligenter, strebsamer schwarzer junger Mann, dem sich gerade die Möglichkeit geboten hat, trotz des alltäglich herrschenden Rassismus das College zu besuchen. Sein grosses Vorbild ist Martin Luther King und wie er glaubt er fest daran, dass die Zeit kommen wird, in denen er leben kann wie weisse Menschen. Doch die Nickel Academy stellt seinen Glauben schwer auf die Probe. Dort herrschen Willkür, Gewalt und das Recht des Stärkeren; in diesem Fall der Aufseher. Die Jungen werden misshandelt, zu Frondiensten herangezogen, gefoltert und missbraucht - und es interessiert niemanden.
Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert: das Leben vor, während und nach dem Aufenthalt in der Nickel Academy, wobei insbesondere im letzten Drittel deutlich wird, dass sich die Zeit in der Besserungsanstalt noch immer bis in die Gegenwart auswirkt. Ebenso deutlich ist bereits von Beginn an, dass das Leben eines schwarzen Jugendlichen nicht nur von seinem eigenen Wohlverhalten abhängt, denn irgendwo existiert immer eine latente Gefahr. Dass beispielsweise einem Weissen die Nase nicht passt, man eine weisse Frau zu intensiv angesehen hat - schon hat man die Polizei im Nacken, die offensichtlich nichts lieber macht, als Schwarze in den Knast zu stecken. Ich hielt immer wieder den Atem an, weil ich dachte, 'Oh je, jetzt rutscht er in etwas rein.' Doch Alles ging gut, bis ... - und das kam wirklich überraschend.
Elwoods Zeit im Nickel ist gleich zu Anfang geprägt von enormer Grausamkeit und Brutalität. Und doch behält er seinen Traum von einem Leben in Freiheit und Gleichheit, auch wenn er immer wieder mit sich ins Hadern kommt. Fast schon beiläufig erfährt man auch die Geschichten von anderen Jungen, deren Leben schon von Beginn geprägt ist durch Armut und Gewalt und immer wieder deutlich macht, was diese Rassentrennung den Menschen antut.
Zuguterletzt, der dritte Teil, scheint sich zumindest oberflächlich betrachtet alles zum Guten gewendet zu haben. Doch die Vergangenheit hat solche Spuren hinterlassen, dass sie sich immer wieder in Erinnerung bringt und auch in der Gegenwart ihren Tribut fordert.
Ein beeindruckendes wie auch bedrückendes Buch über eine Zeit, die Viele wohl vergessen machen wollen. Denn ohne Schuld waren die Wenigsten - und wer will das schon wissen.