Rezension

Das schlechteste Buch, das ich seit langem gelesen habe!

Alice im Zombieland - Gena Showalter

Alice im Zombieland
von Gena Showalter

Bewertet mit 0.5 Sternen

Normaliesieren von Gewalt als Problemlöser & unreflektierten Beschimpfen von random Leuten. Klischeehaft, dumm, unlogisch & einfach nur falsch.

Ich weiß wirklich nicht wie ich diese Rezension beginnen soll. Ich bin geschockt wie beliebt dieses Buch doch ist & wie viele 5 Sterne Rezensionen es hat. Ich frage mich, ob wir dasselbe Buch gelesen haben, denn ich fand es wirklich schlimm. Aber beginnen wir am Anfang.

 

Der Schreibstil ist steif & enthält seltsame Ausdrucksweisen. Beispielsweise sagt Alice ständig „mit einander gehen“, statt zusammen sein. Das sagt doch heutzutage keiner mehr, vor allem Jugendliche nicht. Und die Knutschszenen kamen mir sehr Möchtegern sexy bzw seltsam vor. Es fühlt sich an, als hätte die Autorin, oder in diesem Fall vielleicht die Übersetzerin, eine Checkliste mit typischen Synonymen für Leidenschaft aus Erotikromanen zusammen gesucht & versucht, sie möglichst alle irgendwo zu verwenden. Es fühlte sich nicht natürlich oder organisch an, sondern eher gezwungen. Die Geschichte wird dabei aus der Sicht von Alice geschildert. Den Anfang habe ich eigentlich noch ganz spannend & gut geschildert gefunden. Es ging aber leider sehr schnell Berg ab.

 

Der Plot hat überraschenderweise so gut wie gar nichts mit „Alice im Wunderland“ zu tun. Abgesehen von den Namen Alice & Kat (angelehnt wohl an die Grinsekatze), dem weißen Kaninchen & ein paar sehr weit hergeholten Andeutungen, erkennt man eigentlich keine Parallelen zu „Alice im Wunderland“. Es ist also quasi ein Etikettenschwindel. Es gibt ja noch nicht mal ein Zombieland. Dies hier ist keine High Fantasy, sondern eine typische 0815 Urban Fantasy Geschichte, die vorhersehbarer eigentlich nicht sein könnte. Obwohl es ja mehr ein typisches Teeniedrama ist, in dem es meist darum geht, ob der der super heiße Macho Bad Boy nun auf Alice steht oder doch nicht. Dementsprechend wird auch sehr häufig & sinnlos darüber gesprochen, was die heißen Typen wohl mögen würden & was nicht. Alles komplett mit Versuchen ihn Eifersüchtig zu machen, was natürlich funktioniert, obwohl sie sich dabei auch noch dumm anzustellen. Und vergessen wir ja nicht die obligatorische Umstylingszene, vor der Alice nicht mal Make up kannte & nach der sie ohne knappe Röckchen quasi nicht mehr leben konnte.

Das war aber nicht das Einzige, dass dümmlich auf mich gewirkt hat. Die Konzeption der Welt & der Zombies erschien mir wenig durchdacht. Vorab: Die Autorin sagte im Vorwort, dass sie Gott für sich entdeckt hat & das merkt man sehr stark in der Konzeption der Fantasy. Die Zombies sind keine richtigen Zombies, sondern mehr heißhungrige Geister. Und es ging oft einfach darum fest an etwas zu glauben, damit es geschieht. Dementsprechend ergab nicht viel was dies betrifft Sinn. Es wurde etabliert, dass X nicht geht & 10 Seiten später geht es eben doch. Alice wird gesagt, dass sie Y bloß nicht tun soll, weil dann etwas schlimmes geschieht. Was tut sie? Sie macht es natürlich ohne drüber nachzudenken & was passiert? Nichts! Die Welt schien keiner inhärenten Logik zu folgen. Die Autorin hat wohl die Logik der Welt jedes Mal so gebogen, dass es gerade auf die Handlung passt. Die Geschichte hat sich so regelmäßig in Logiklöcher verstrickt, bei denen ich dachte: „Wenn DAS funktioniert, dann löst es doch instant jedes Problem das sie haben.“ Aber natürlich kommen die gar nicht auf die Idee diese Lösung zu nutzen oder es ist angeblich zu gefährlich.

Bibelähnlich ist auch das Schwarz-Weiß Denken in diesem Buch. Unsere Protagonisten sind die Guten & alle anderen sind automatisch die Bösen. Namentlich genannt natürlich die Zombies, aber auch menschliche Rivalen werden automatisch böse dargestellt & als böse angesehen, auch wenn man weder Beweise hat, noch sie bisher was schlechtes hat tun sehen. Und sie bekehren oder retten ist unmöglich. Wenn man einmal den bösen Weg eingeschlagen hat, ist man in dieser Welt anscheinend für immer verloren. Dementsprechend muss man auch nichts über Beweggründe erfahren oder einfach mal nachfragen was da los ist, denn es scheint keine zweite Sichtweise oder tiefere Beweggründe zu geben. Auch die Protagonisten & ihre Gruppe sind nicht einfach gut, denn so verblendet kann die Autorin anscheinend doch nicht sein (mehr zu ihren nicht guten Handlungen später). Sie haben stattdessen nur das Potential gut zu sein im Gegensatz zu den Zombies, weshalb sie automatisch zu der guten Seite zählen. Ernsthaft? Zu dumm, dass sie hier so gut wie nie wirklich gut handeln oder sind. Es scheint ja nach der Logik sowieso nicht wichtig zu sein, ob sie Gutes tun, denn sie stehen ja schon automatisch auf der guten Seite.

 

Die Protagonisten waren für mich persönlich so ziemlich das schlimmste an dem ganzen Buch. Nicht nur, dass sie das übliche 0815 Klischee erfüllt haben. Das allein wäre ja nur langweilig & einfallslos. Nein, sie hatten auch noch viele Eigenschaften, die sie zu einem furchtbaren Vorbild für junge Leser machen.

Aber fangen wir bei den Basics an. Alice ist der typische Mary Sue Charakter*, aber diesmal in unsympatisch. Zu Beginn ist sie unsicher, ihrer eignen Attraktivität überhaupt nicht bewusst & hat sehr viel Angst. Dann entwickelt sie sich aber in eine überhebliche, eingebildete & oberflächliche Protagonistin, die mir sehr herbe aufgestoßen hat. Es ging sehr oft darum wie gut doch Alice, ihr Loveinterest Cole oder wahlweise auch mal einer ihrer Freunde aussehen, wie talentiert sie doch sind oder wie recht sie doch haben & das ohne Argumente. Alice beispielsweise denkt die meiste Zeit in diesem Buch nicht selbst nach. Sie glaubt einfach alles was der heiße Typ ihr eröffnet & vorgibt. Selbst als er einen ihrer neuen Freunde beschuldigt böse zu sein, glaubt sie es ohne ihm zu widersprechen, Informationen zu verlangen oder den besagten Freund mal selbst zu fragen. Man merkt halt sehr, wie stark sie alle von ihren Hormonen getrieben werden. Hauptsache sie können am Ende des Tages mit dem heißen Loveinterest rumknutschen.

Alice hatte auch den Hang ihre weiblichen Rivalinnen mit dem Wort „Schlampe“ zu beschimpfen, auch wenn sie in der Richtung nichts getan haben. Generell werden Leute ohne Beweise oder richtiges darüber reden direkt beschuldigt & mit solchen Schimpfwörtern bedacht, wobei man das Gefühl bekommt, dass die Autorin oder Übersetzerin keine Ahnung haben, was „Schlampe“ eigentlich bedeutet. Denn das hatte hier überhaupt nichts zu suchen. Vor allem wird heutzutage überall gegen Slut Shaming gekämpft & dann beschimpft eine Protagonistin, die einem eigentlich sympathisch sein sollte, irgendwelchen Mädchen einfach so als Schlampe. Und das Alter der Buches kann diesen Umstand auch nicht retten.

Zudem hat sie von ihrem Loveinterest ihren Hang zur Gewalt übernommen. Prügeleien sind hier Problemlöser Nummer eins. Wozu reden? Wozu Beweise suchen? Wozu erstmal nachdenken? Es wird immer zuerst zugeschlagen. Und die Gewaltlösung wird hier noch normalisiert & idealisiert. In einer Szene wird sogar darüber gelacht, dass Alice jemandem eine blutige Nase geschlagen hat. Zum Glück war das keine Konfliktsituation, denn dann wäre ich richtig ausgerastet, aber selbst in diesem spielerischen Zusammenhang fand ich das schon schlimm genug. Und da hat sich nachher keiner damit aufgehalten mal nachzufragen, ob die Nase oder die Person in Ordnung ist.

 

Kommen wir zu dem super sexy Macho Bad Boy namens Cole in den selbst die Autorin wohl super verknallt ist, was man daran merkt, dass sie ihn auf ein hohes Podest stellt, obwohl er alles andere als ein Vorbild ist. Abgesehen von seinem Hang zur übermäßigen & unangebrachten Gewalt, hatte er noch so einige andere Charaktereigenschaften die mich abgestoßen haben. Er war herrisch, dominant & ein totaler Kontrollfreak. Er hat alles & jeden herumkommandiert, ohne sich darum zu scheren, ob sie es wollen. Praktischerweise war er dabei der Anführer ihrer Gruppe. Man muss ihm schon eingestehen, dass er meistens dachte, dass es das Beste für denjenigen oder die Gruppe an sich ist, aber das macht es nicht besser. Trotzdem schafft er es oftmals das Leben so manchen Charakters unerträglich zu machen, nur weil er sich an dumme Regeln hält oder denkt, es wäre besser so. Auch über Alice will er immer bestimmen. Er verbietet ihr beispielsweise mit Leuten die er für böse hält zu reden & im gleichen Atemzug will er aber auch nichts über den Grund verraten. Sie soll also ohne Informationen ihm einfach glauben & darf gleichzeitig aber auch nicht beim Gegenpart Informationen einholen. Und das machst sie auch noch, was wir ja schon besprochen haben. Ein sehr einprägendes Beispiel war für mich eine Szenen in der sowohl Alice, als auch ihre Freundin Kat gleichzeitig eine SMS von ihren Loveinterests bekommen haben, die heute Abend etwas mit ihnen unternehmen wollten. Während Kats Freund sie freundlich gefragt hatte, ob sie Zeit habe, hat Cole Alice einfach nur befohlen abends bereit zu sein. Und Alice lachte einfach nur über diesen Unterschied & sah es als liebevolle Eigenschaft seinerseits an. Nein! Das ist es nicht! Wenn er dich nicht mal fragt, sondern nur über dich bestimmen will & alles immer nach seinem Kopf gehen soll, ohne auf dich Rücksicht zu nehmen, dann ist es eine ungesunde & einseitige Beziehung. Und nichts daran ist liebevoll! Wenn jemand dich wirklich liebt, dann zwingt er dir nichts auf, sondern fragt dich nach deiner Meinung. Denn jeder sollte seine eigene Meinung haben dürfen & über seine eigene Zukunft selbst bestimmen können!

Auch Kat, Alice beste Freundin, trägt zu den mitschwingenden sexistischen Tendenzen bei. Nicht nur, dass sie oft halb nackt rum läuft & fast ausschließlich nur über Männer redet. Nein, ihr Lebensziel ist es auch noch eine Trophäenfrau zu werden. Sie will sich also einfach nur einen reichen Mann mit ihrem tollen Aussehen angeln & damit hat sie ausgesorgt. Was ist das den bitte für eine Message an jugendliche Leser? Dementsprechend geht es bei ihr, wie gesagt, so gut wie immer nur um heiße Typen, namentlich hier um ihren Exfreund, der sie vermeintlich betrogen hat, aber trotzdem immer noch so heiß ist, dass sie ihn unbedingt zurück haben will. Aber leiden muss der Typ trotzdem erstmal. Zumindest lässt sich sich nicht so auf der Nase rumtanzen wie Alice. Dafür tanzt Kat auf der Nase von ihrem Exfreund rum & quält ihn so lange sie kann.

Ein mütterlicher Rat geht mir zudem einfach nicht aus dem Kopf. Alice Mutter hat sie in einer Rückblende schön darauf hingewiesen, dass Jungs immer nur das eine wollen & sie in ihrer Gegenwart immer schön aufpassen soll, denn es könnte ja sonst was passieren. Ja, ist klar. Männer fallen einfach so über sie her, wenn sie ihnen den Rücken zu dreht. Was hat die Autorin nur für ein Menschenbild?

 

 

Fazit: Ich finde es furchtbar was für falsche Messages das Buch an junge Leser übermittelt. Und wenn ich sehe wie viele Leute dieses Buch gut finden, dann wird mir schlecht bei dem Gedanken, dass dies alles Jugendliche sein könnten, die die Charaktere als Vorbilder ansehen. Bitte, tut das nicht! Das ist falsch! Einfach nur falsch!

Nur auf Grund des hübschen Hardcover-Covers hat das Buch noch 0,5 bis einem Stern von mir bekommen & weil weniger leider einfach nicht geht.

 

 

 

* Charakter, der „hübsch oder herausragend talentiert ist, dem alles ohne großes Zutun oder Opfer gelingt, der im Zentrum des ganzen Universums steht, der keine Fehler macht und auch keine (wirklichen) Fehler hat - kurzum, ein perfekter Charakter“ Quelle: http://de.fanfiktion.wikia.com/wiki/Mary_Sue