Rezension

das verschwundene Manuskript

Preiselbeertage
von Stina Lund

Bewertet mit 5 Sternen

Ariane lebt seit einigen Jahren in Leipzig, wo sie auch arbeitet. Eines Tages erhält sie einen Anruf aus Schweden, dass ihr Vater Jörg verstorben sei. Sie beschließt hinzufahren um an seiner Beerdigung teilzunehmen. Dort trifft sie auf ihre Mutter Ina und ihrer Schwester Jolante. Da die drei kein sehr gutes Verhältnis miteinander haben läuft das Wiedersehen auch dementsprechend ab. Bei der Testamentseröffnung sollen Ariane und Jolante Jörgs Manuskript erben, aber keiner der beiden kennt dieses. Mutter Ina hüllt sich in Schweigen. Daraufhin beschließt Ariane nach Schweden zu kommen um nach diesem Manuskript zu suchen. Was sie bei den Nachforschungen alles über ihre Familie erfährt, lässt ihre Welt zusammenbrechen

Die Preiselbeertage ist der erste Roman von Stina Lund. In einem wunderschönen und sehr einfühlsamen Schreibstil erzählt die Autorin die Geschichte von Ariane und ihrer Familie, der in Schweden und in Leipzig spielt. Ab den ersten Zeilen zieht er den Leser in seinen Bann. Die Charaktere sind authentisch und sehr vielseitig gezeichnet worden und durch erhält sie eine Lebendigkeit, die einen mitfühlen lässt. Die Handlung ist ein gekonnter Wechsel aus der Jetztzeit (welche in Schweden und Leipzig spielt) und der Vergangenheit (DDR – Zeit 1986 -1990). Die heutige Zeit erzählt von der unüberwindbaren Distanz, die sich zwischen den einzelnen Familienmitgliedern abspielt. Mutter Ina, die sich ihre Vergangenheit nicht stellen möchte.  Tochter Ariane, die nie richtige Gefühle für ihre Mutter entwickelt konnte. Tochter Jolante, die ihre Schwester Ariane nie als diese angesehen hat und Vater Jörg, der ein Manuskript hinterließ, dass anscheinend ein großes Geheimnis beinhaltet und unauffindbar zu sein scheint. In den Rückblicken gibt Stina Lund einen Einblick in das DDR Regime und deren Grausamkeiten. Sie lässt uns daran teilhaben, wie mit Republikflüchtlingen und deren Angehörigen umgegangen wird. Es ist immer noch erschreckend, welchen Einfluss die Stasi hatte und mit welcher brachialen Macht sie diese ausübten. Während des Lesens merkt der Leser, wie beide Teile sich harmonisch ergänzen. Dadurch, dass immer wieder neue Details ans Tageslicht kommen erschließt sich die Problematik, mit die sich die Familie auseinandersetzen muss. Bis zum Schluss fiebert man mit, ob es für sie noch eine gemeinsame Zukunft geben wird oder nicht.

 

Preiselbeertage ist für mich ein emotionaler, nachdenklicher, aber dennoch sehr schöner Roman, der einen geschichtlichen Hintergrund besitzt. Wer Familiengeschichten liebt und zudem etwas über die deutsch - deutschen Beziehung erfahren möchte, ist hier bestens aufgehoben.