Rezension

David Levithans Bücher sind etwas ganz besonderes

Two Boys Kissing – Jede Sekunde zählt - David Levithan

Two Boys Kissing – Jede Sekunde zählt
von David Levithan

Bewertet mit 4 Sternen

Craig und Harry wollen ein Zeichen für alle schwulen Jungs setzen. Dafür küssen sie sich. 32 Stunden, 12 Minuten und 10 Sekunden. So lange dauert es, um den Weltrekord im Langzeitküssen zu brechen. So lange dauert es, sich über die Gefühle füreinander klarzuwerden, nachdem man sich doch eigentlich gerade getrennt hat. So lange dauert es, das Leben aller schwulen Pärchen in der Umgebung für immer zu verändern… 

Meine Meinung

Nachdem mir David Levithan mit„Letzendlich sind wir dem Universum egal“ ein einzigartiges und gleichzeitig faszinierendes Leseerlebnis bereitet hat, musste ich in „Two Boys Kissing“ einfach einen Blick hineinwerfen. Der Einstieg ist mir leider etwas schwer gefallen, da ich mich mit der ungewöhnlichen Erzählperspektive erst einmal anfreunden musste. Anstatt wie üblich die Ich-Perspektive oder die auktoriale Erzählweise zu verwenden, wird die Geschichte aus der Wir-Form erzählt. Tote Schwule, die in ihren Leben ihre Gefühle nicht frei ausleben durften, verfolgen und kommentieren die Ereignisse in Craigs, Harrys, Neils, Peters, Averys, Ryans und Coopers Leben.

Nach ca. 10-20 Seiten habe ich jedoch in die Geschichte hineingefunden. Da David Levithans Schreibstil ganz einfach gehalten ist, lässt er sich schön flüssig lesen, sodass man nur so durch die Seiten fliegt. Verblüffend hat mich aber auch dieses Mal, welche Tiefgründigkeit in seinen Worten schlummert, sodass dieses Buch, trotz seiner vergleichsweise wenigen Seiten alles andere als oberflächlich herüberkommt. Außerdem wirft David Levithan eine Menge unausgesprochene Fragen in den Raum, die einen zum Nachdenken anregen sollen. Besonders gut gefallen hat mir, dass man gespürt hat, wie sehr ihm die Akzeptanz bzw. Toleranz von Homosexualität am Herzen liegt. So zeigt er diesbezügliche Probleme und Missstände in unserer heutigen Gesellschaft auf. Es ist wirklich traurig, dass es heute immer noch viele Jugendlichen gibt, die Angst vor ihrem Coming Out haben, da sie die Reaktion ihrer Familie, ihrer Freunde oder ihrer Mitmenschen fürchten. Das sollte nicht sein! Schließlich müsste mittlerweile bei jedem von uns angekommen sein, dass es keine Bedeutung hat, welche Hautfarbe, Religion oder Sexualität ein Mensch hat. Diese Dinge sind doch nicht das, was einen Menschen ausmacht oder entscheidet ob dieser liebenswert ist oder nicht. Allein der Charakter zählt. Außerdem sollte in der Liebe kein Unterschied gemacht werden. Egal wenn man liebt, Liebe ist Liebe, basta!

In erster Linie geht es in „Two Boys Kissing“ um Harry und Craig, denen es nicht nur darum geht mit ihrem Kuss einen neuen Weltrekord aufzustellen, sondern die Menschen aufzurütteln und ihnen zu vermitteln, dass Homosexualität etwas ganz natürliches ist und man keine Angst davor haben muss oder auf das man mit Wut, Abscheu oder Hass reagieren muss. Ihr Freund Tariq ist nämlich erst vor kurzem von fünf Jungs brutal zusammengeschlagen worden, nur weil er homosexuell ist.

Neil und Peter schweben auf Wolke 7 schweben und sind im Großen und Ganzen sehr glücklich miteinander. Allerdings habe auch sie mit einen oder anderen Problem zu kämpfen, das ihre Beziehung belastet. Für Neils Eltern ist seine Homosexualität zwar kein Geheimnis, allerdings wird in der Familie nie ein Wort darüber verloren, was Neil sehr zu schaffen macht.

Aber auch Avery und Ryan, die sich auf einer Party kennengelernt haben und gerade dabei sind sich besser kennenzulernen, haben mit ihren Sorgen und Ängsten zu kämpfen.

Und zum Schluss hätten wir noch Cooper, der sich vollkommen in sich zurückzieht und im Internet mit fremden Männern chattet, um seine innere Leere zu füllen. Jeden Tag muss er sich und seine Homosexualität verleugnen, da seine Eltern dafür kein Verständnis hätten.

Die Charaktere haben wirklich sehr authentisch auf mich gewirkt. Sie sind so gestaltet worden, dass ich zu jedem von ihnen einen Verbindung aufbauen, mich in sie hineinversetzen sowie ihre Gedanken, Gefühle mitfühlen konnte. Dabei hat mich vor allem die Tatsache traurig gemacht, dass sie, obwohl sie ganz normal sind, von anderen als unnormal angesehen oder sogar feindselig behandelt werden.  

Mein Fazit

„Two Boys Kissing“ von David Levithan ist ein faszinierendes Buch, das mich sprachlos zurückgelassen hat. Zwar ist die Geschichte auch dieses Mal keine leichte Lektüre, aber ich hätte keine einzige Seite davon verpassen möchten. Im Gegenteil! Dieses Buch ist/war eine unglaubliche Bereicherung für mich. Es ist eine in Romanform verpackte Aufforderung zu mehr Gleichheit und Toleranz.