Rezension

Decker gibt nicht auf

Missing. New York - Don Winslow

Missing. New York
von Don Winslow

Ich gestehe: Ich habe noch nie zuvor ein Buch von Don Winslow gelesen. Zwar habe ich schon viel von ihm gehört, aber irgendwie kam es nie zu einem literarischen Zusammentreffen zwischen uns. Von daher kann ich nicht sagen, in wieweit "Missing. New York" ein für ihn typisches Buch ist.

Was ich sagen kann, ist, dass man gleich in medias res startet - ein kleines Mädchen ist verschwunden und Decker nimmt die Ermittlungen auf.
Anfangs hatte ich einige Schwierigkeiten mich einzugewöhnen. Ist doch die Ich-Perspektive noch nie mein Favorit gewesen und anfangs sprach die Erzählstimme in meinem Kopf wie in einem "Jerry Cotton"-Heftroman.

Aber Decker war von Beginn an ein Sympathieträger, auch wenn zwischendurch das Mitleid für ihn überwog, kostete ihn seine Besessenheit doch sogar seine Ehe - er konnte seiner Frau nicht die Karriere bieten, die sie von ihm erwartete und sie konnte nicht nachvollziehen, was ihn antrieb. Ihm selbst war das sicher auch nicht klar, allerdings konnte er einfach nicht aus seiner Haut.

Der Lesefluss ist sehr gut, die Handlung abwechslungsreich und spannend. Das Puzzle im Kopf des Lesers verändert sich ständig und man erwägt und verwirft Möglichkeiten, bis die Auflösung einen desillusioniert zurücklässt.

Der Schreibstil ist nüchtern und schnörkellos, wie es zu einem Mann wie Decker paßt. Dennoch kann auch er seine Emotionen nicht immer verbergen, sie scheinen durch die Zeilen, auch wenn sie kaum je direkt angesprochen werden.

Mir hat "Missing. New York" gut gefallen und da ich Decker gern wiederlesen möchte, werde ich wohl früher oder später mit "Germany", dem Nachfolgeband, wieder in Deckers Welt eintauchen.