Rezension

Definitv anders - und nicht unbedingt für Mainstream geeignet.

Kriegsklingen - Joe Abercrombie

Kriegsklingen
von Joe Abercrombie

Während verschiedenster Ereignisse gelangen der Barbarenkrieger Logen, der Erste der Magier, Bayaz, und sein Zauberlehring Quai  nach Adua, wo Bayaz seinen Sitz im geschlossenen Rat wieder einnehmen möchte. Allerdings hat er nicht mit der Skepsis des Erzlektors Sult gerechnet, der seinen Inquisitor Sand dan Glokta  auf Logen und Bayaz ansetzt um sie als Betrüger zu entlarven. Und der junge Degenfechter, Jezal, denkt mal wieder nur an Mädchen, bis er sich in Ardee, die Schwester seines besten Freundes und Kommandanten Collem West, verliebt. Doch ahnt niemand von ihnen, welche Ausmaße die Zeit mit sich bringt, denn Krieg breitet sich in allen Landen aus.

Der erste Band der mehrteiligen Saga des Fantasyautors Joe Abercrombie, » Kriegsklingen «, zeichnet sich durch eine gute Idee aus, die allerdings aufgrund mangelnder Umsetzung leider an Potenzial verliert. Dabei sind drei große Mankos sind zu nennen, welche dazu beitragen, dass dieses Werk nur mittelmäßig einzuordnen ist. Schon nach den ersten Seiten kristallisiert sich eine Art Comicsprache hervor. Obszöne, gewaltige, bestialische Begriffe, gepaart mit einer Vielzahl an Wortwiederholungen und Abkürzungen sowie ungehobelten Kraftausdrücken sorgen für kurz angebundene Dialoge, welche man sich in einem normalen Gesprächsverlauf so anders vorgestellt hätte. Dabei zeugt Abercrombies Sprachstil von einer ungewöhnlichen Seite, wie man Ereignisse anderwaltig als im Mainstream üblich darstellen kann. Schmutzige Folterungen, üble Nachstellungen und die obszönen Gedankengänge manch eines Charakters werden wahrheitsgetreu wiedergegeben. So sticht Abercrombie dadurch hervor, dass er nichts verschönigt, dem Leser die brutale Wahrheit wehrlos entgegensetzt - und das ist nicht jedermanns Geschmack. Vor allem die vielen Schimpfwörter und unverhohlene Nutzung aussagekräftiger Kraftausdrücke schmälern deutlich das Leseerlebnis, obgleich man verstehen kann, dass es zum Verlauf der Geschichte und den rauen Charakteren durchaus passend ist. Zu den Charakteren hat man anfangs noch gar keinen Bezug und kann diesen auch mit fortschreitender Seitenzahl nur gering aufbauen. Alle drei Protagonisten werden dem Leser farblos vorgesetzt, obwohl sie durchaus individuell in ihrer Gestaltung sind. Doch die Antisympathie mit jedem einzelnen zeigt die Unnahrbarkeit, welche einem beim Lesen entgegenschlägt, denn sich mit einer Figur auseinandersetzen zu können erfordert doch einiges an Geduld und Einfühlungsvermögen. Die Einzigen, welche mehr oder weniger symphatisch wirken, sind der Zauberlehrling Quai und der Erste der Magi, Bayaz.

Zur Handlung als solche ist leider auch zu erwähnen, dass während der gesamten Ereignisse kaum eine Entwicklung stattfindet: Alle Charaktere fallen unweigerlich in ihre alten Rollen zurück. Glokta beklagt sich selbst und schwelgt in Selbstmitleid, Jezal ist ein törrichter, selbstverliebter Narr (wobei das zum Ende sogar noch schlimmer wird, obwohl er in der Mitte des Romans gar nicht mal so unsymphatisch wirkt) und Logen weiß auch nicht so recht, was er wie machen soll. Ferro, eine Barbarin und Nebenfigur innerhalb des Handlungsstrangs, ist und bleibt eine Wilde. So zeichnet sich auch ihr Denkvermögen durch Sturheit und Arroganz im Übermaß aus. Die Längen sind jedoch am Schlimmsten. Den Roman hätte man auf die Hälfte reduzieren können, es hätte wunderbar gereicht. Doch durch unnötige Handlungsstränge und versessene Detailarbeit fühlt der Leser sich irgendwann nur noch genervt und sehnt gequält das Ende der Geschichte herbei. Das der Höhepunkt nicht überraschen kann und zwangsläufige und vorhersehbare Wendungen einkehren, bleibt dem Leser am Schluss nur die Ungewissheit, ob Abercrombie nun ein genialer, individueller Autor ist, der innovativ eine neue Richtung einschlägt - oder ob man sich einen weiteren Band der Serie wirklich antun soll. Potenzial hat die Geschichte als solches definitiv - die Frage ist, ob der Autor es ausbauen und zu nutzen in der Lage ist.

Fazit

Kriegsklingen von Joe Abercrombie ist ein ungewöhnlicher Fantasyroman der aus dem Mainstream heraussticht. Harte Worte, unsympathische Charaktere und der Hang zu Längen schmälern allerdings das Lesevergnügen deutlich und lassen den Roman zu einer Enttäuschung werden. Geduldigen Fans und Neugierige Gemütern ist trotz kontroverser Meinungsverschiedenheiten doch ein Blick in den Roman zu empfehlen - allerdings auf eigene Gefahr.

Pro & Contra 

+ Individuelle Charaktere
+ Tolles Cover
+ Teilweise spannend und interessant

o Einstieg gestaltet sich etwas schwierig
o Knallharter Schreibstil (der Geschichte entsprechend)

- Manchmal zu viele Details
- Unsympathische Charaktere
- Kaum Entwicklungsprozesse ersichtlich
- Vorhersehbar (teilweise)
- Ungenutztes Potenzial
- Rauer Umgangston, viele Kraftausdrücke
Bewertung:

Handlung: 1,5/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 1,5/5
Preis/Leistung: 2/5