Rezension

Demi-Boy

Felix Ever After
von Kacen Callender

Bewertet mit 4 Sternen

Felix ist siebzehn, trans, schwarz und queer. Er ist ein talentierter Künstler, der sich auf ein Stipendium für eines der besten Kunst-Colleges bewerben möchte, weil er sich sonst eine Uni nicht leisten kann. Seine Mutter hat ihn und seinen Vater vor Jahren verlassen und die beiden müssen zusehen, wie sie über die Runden kommen. Felix hat über 400 Emails an seine Mutter in seinem Postfach, die er nie abgeschickt hat. Er hat einen besten Freund - Ezra - und er agiert  in einer meist offenen pro-LGBT-Community. Doch dann kommt er eines Tages zur Schule und jemand hat Fotos von ihm aufgehängt und seinen Deadname veröffentlicht. Es trifft ihn wie ein Schlag und er vermutet gleich einen aus seiner Stufe, mit dem er immer Beef hatte. Felix beschließt, sich zu rächen und schreibt anonym den vermutlichen Täter an - nur um feststellen zu müssen, dass er wahrscheinlich genauso viele Vorurteile mit sich herumschleppt wie andere. 

Es ist ein komplexes Thema, das in diesem Buch aufgenommen wurde, und ich habe auch einiges lernen und mitnehmen können. Die Verwirrung des/der Jugendlichen, ihr Streben darum, sich selbst zu verstehen und sich und andere zu akzeptieren, wird richtig gut rübergebracht, und es gibt so einige emotionale Situationen, die ich gut nachvollziehen konnte, ohne trans zu sein, weil es einfach menschlich ist. Dann wiederum frage ich mich, wie es sein kann, dass in einer Schule fast durchweg LGBT-Personen herumlaufen: Nicht als Vorwurf, aber die Wahrscheinlichkeit ist so gering, dass es schon wieder einen Hauch ins Lächerliche bekam. Manche Sachen wurden recht holzhammerartig auf den Leser losgelassen und ich frage mich, ob das vielleicht in der heutigen Zeit einfach nur die richtige Art ist, jemandem etwas zu vermitteln? Wahrscheinlich schon. Wahrscheinlich kann man nur durch Übertreibung und Wiederholung die Leute dazu bringen, etwas als normal zu akzeptieren, das völlig normal ist. 

Was mich tatsächlich immer wieder gestört hat, waren das permanente Saufen, Kiffen, Abhängen der Jugendlichen. Vielleicht habe ich mit 17 was verpasst, dass ich das nicht gemacht habe, aber es hat mich abgeschreckt. Und abgesehen von den Antagonisten des Buches waren alle immer furchtbar vernünftig, einsichtig, reflektiv - in einem Alter, in dem die meisten echt Probleme haben, auch nur bis drei zu zählen. 

Trotzdem ist das wirklich eine Lektüre, über die ich noch so einige Zeit nachdenken werde. Nicht, weil mich die Charaktere so ernsthaft beeindruckt haben, sondern weil ich in eine Welt und Probleme eintauchen durfte, etwas darüber lernen durfte, das mir bisher nicht wirklich bewusst war.