Den Wald vor lauter Bäumen...
Bewertet mit 4.5 Sternen
Den Wald vor lauter Bäumen...
...sehen Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff bei den Ermittlungen in ihrem dritten Fall lange nicht, denn eine immense Vielzahl von Beteiligten, Spuren und Handlungssträngen erschweren den Durchblick nicht nur für den Leser.
Bereits das erste Opfer gibt Rätsel auf. Der 92-jährige Holocaust-Überlebende David Josua Goldberg, der in seinem eigenen Haus mit einem Genickschuss hingerichtet wurde, erweist sich als Wolf im Schafspelz: bei der Obduktion werden an seinem Arm die Reste einer SS-Blutgruppentätowierung entdeckt. Wer ist der Tote wirklich? Bald schon gibt es zwei weitere Opfer in diesem Alter, die beide auf dieselbe Art hingerichtet wurden, und viele Spuren führen zur Familie der hochangesehenen Unternehmerwitwe Dr. Vera Kaltensee - und zurück nach Ostpreußen des Jahres 1945...
Nele Neuhaus beherrscht wirklich die Kunst des gelungenen Verwirrspiels, und als Leser hat es mir großen Spaß gemacht, den verschlungenen Pfaden der Ermittlung zu folgen und zu entdecken, was hinter so mancher gutbürgerlichen Fassade stecken kann. Die Vielzahl der Opfer und der Verdächtigen hat mich dabei nicht gestört, so blieb bis zum Schluss alles undurchsichtig.
Gegen Ende hat die Autorin vielleicht ein wenig übers Ziel hinausgeschossen - ein paar Details und Verstrickungen waren dann für meinen Geschmack doch einfach zu viel - aber insgesamt war es ein richtiger Lesegenuss!
Schön fand ich auch, dass die Personen der Ermittler allmählich an Tiefe gewinnen, und dass sie in ihrem dritten Fall allmählich wirklich zu einem Team zusammenwachsen.
V.a. die Protagonisten Bodenstein und Kirchhoff sind bodenständig und glaubwürdig dargestellt, so dass auch Einblicke in ihr Privatleben jedesmal wieder interessant sind.
Da ich den vierten Band der Reihe um Bodenstein und Kirchhoff bereits gelesen habe, freue ich mich demnächst einfach auf Band 5!