Rezension

Denkanstöße und Zukunftsszenarien

Das Erwachen des letzten Menschen - Leveret Pale, Nikodem Skrobisz

Das Erwachen des letzten Menschen
von Leveret Pale Nikodem Skrobisz

Bewertet mit 4 Sternen

Nikodem Skrobisz (Leveret Pale - das weiße Kaninchen) zeichnet in 'Das Erwachen des letzten Menschen' ein Zukunftsbild der Menschheit, das gar nicht mal so abwegig erscheint: Ruhig gestellt durch Brot (Einheitsmatsch) und Spiele (virtuelle Realitäten und Sex-Roboter) wird die 'einfache' Menschheit, Bürger der Klasse B, im Jahre 2137 gnädig am Leben erhalten. Schulbildung ist dank kompletter Vernetzung überflüssig, Fortpflanzung verboten. So lebt jeder für sich und soziale Interaktion im RL (real life) ist de facto ausgestorben. Genetisch modifizierte Bürger der Klasse A leben in einer Parallelwelt 'über' der normalen Welt, zwischen beiden Welten findet kein Austausch statt. Beide Welten werden von einer künstlichen Intelligenz 'regiert'.

Edgar ist Bürger der Klasse B und entscheidet sich eines Tages aus einer Laune heraus (oder einem tiefen, inneren Bedürfnis?), die Ruhigstellung durch das System auszusetzen, er verweigert die Standardmedikation, sagt seine virtuellen Verabredungen ab und will auch keinen Sex mit seinem Gynoiden. Er verlässt tatsächlich seine Wohnung und durchläuft in den nächsten Tage verschiedene Stufen der Sinnfindung - Kreativität, Ehrgeiz, Zerstörungswut, Gleichgültigkeit. In einem Tagebuch hält er seine Gedanken während dieser Zeit fest und der Leser kann mit ihm darüber sinnieren, was ein Leben ausfüllen kann. 

Die Novelle liefert auf diese Frage natürlich keine eindeutige Antwort. Zumal der Autor sie im zarten Alter von 17 Jahren geschrieben hat. Was er da aber trotz seiner Jugend an Reflektionen aufs Papier gebracht hat, zeugt von einer Weisheit weit jenseits seiner Jahre. Dass er, wie man Interviews entnehmen kann, selbst einen ähnlichen Sinnfindungsprozess wie Edgar durchlaufen hat, verleiht dem Roman trotz seiner allgemeinen Überlegungen einen persönlichen Touch, der noch den ein oder anderen Sympathiepunkt einbringt. 

Letztlich bleibt es jedem Leser selbst überlassen, Edgars Taten und Gedanken zu interpretieren und zu bewerten. Auch das Ende der Novelle ist offen und bietet verschiedene Deutungsmöglichkeiten. Empfindet man die geschilderte Welt als positiv oder negativ? An welchem Punkt kann man Edgar zustimmen und eine Sinnfindung für sich selbst ableiten? Oder wird man zum Nihilisten? 

Ein lesenswertes Stück, das das Zeug zum Klassiker hat. Aufgrund des übersichtlichen Umfangs meiner Meinung nach perfekt als Schullektüre.