Rezension

Denkmal für einen Star

Die Königin von Berlin - Charlotte Roth

Die Königin von Berlin
von Charlotte Roth

Bewertet mit 4 Sternen

Carola Neher war ein großer Star in den 20er Jahren, eine berühmte Schauspielerin, Muse und Geliebte von Bertold Brecht, Freundin und Ehefrau von Klabund und ich habe noch nie von ihr gehört. Ein übles Versäumnis, das dieses Buch gründlich ausbügelt.

 

Hier lernt man sie kennen mit allen Ecken und Kanten. Ein Sonnenschein war sie nicht, aber jemand, an dem man nicht vorbeigeht. Man begleitet sie auf ihrem steinigen Weg zum Ruhm. Sie hatte Talent, musste sich den Erfolg aber auch hart erarbeiten.

Deutschland in den 20er Jahren ist nicht einfach, aber auch prickelnd lebendig. Während das Geld immer wertloser wird, orientiert sich die Theaterszene neu. Dabei will ein Eugen Brecht eine Rolle spielen, nennt sich Bertold und schreibt provokante Texte. Und sein Jugendfreund Fredi nennt sich Klabund und hat mit frechen Liedern Erfolge. Carola, Brecht und Klabund bilden ein ganz spezielles Dreiergespann.

 

Charlotte Roth macht sie alle lebendig, einfühlsam und in wunderbarer Sprache. Man lernt sie gut kennen und ist dabei, atmet Berliner Luft und freut sich, so mancher Berühmtheit zu begegnen, die man bislang nicht richtig einordnen konnte. Dieses Buch ist unterhaltsam und auch lehrreich. Wunderbar.

Nicht so gut hat mir die Rahmenhandlung gefallen, in der ein attraktiver Fremder Recherchen zu Carola anstellt und in der Stadtbibliothek auftaucht, wo die junge Annette ein Mauerblümchendasein führt, das klischeehafter nicht sein könnte. Hier gelingt nicht, was das restliche Buch auszeichnet, den Figuren Leben einzuhauchen, was vielleicht auch daran liegt, dass die Geschichte sie nicht braucht. Sie liefern ein paar Zusatzinformationen, die Carolas Leben abrunden, wirken aber aufgesetzt. Ihr Auftritt ist zu kurz, als dass man sich in diese Nebengeschichte einleben könnte, wirkt eher wie überflüssiger Schnickschnack.

Trotzdem ist dieses Buch ein lesenswerter Schmöker, ein spannendes Häppchen Geschichte, das einen Theaterluft der 20er schnuppern und hinter die Kulissen blicken lässt. Ich hatte wunderbare Lesestunden und habe viel gelernt.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 04. März 2020 um 08:26

"Geliebte von Bertold Brecht, Freundin und Ehefrau von Klabund". Sodom und Gomorrha.

Sursulapitschi kommentierte am 04. März 2020 um 08:32

Und nicht nur das!!!

Schokoloko28 kommentierte am 04. März 2020 um 16:58

Das ist schon thematisch sehr interessant.