Rezension

Der Aussteiger

Jenseits - Yassin Musharbash

Jenseits
von Yassin Musharbash

Bewertet mit 4 Sternen

Seit Jahren ist Gent Sassenthin nicht mehr er selbst, den Selbstmord seiner Zwillingsschwester  konnte er nicht ertragen. Die besorgten Eltern fanden keinen Zugang mehr zu ihm. Nach einem Besäufnis lernte Gent  Abu Karim kennen, der ihm den Islam nahebringt. Schließlich konvertiert Gent und verschwindet zum IS. Dort ist er später als Arzt bekannt. Titus Brandt, ein Sozialarbeiter, der Aussteiger betreut, kümmert sich auch um Gents Eltern. Als Gents Mutter eine seltsame email erhält, ist er sehr aufgeregt. Sollte das ein Zeichen sein, dass Gent gewillt ist, auszusteigen. Es ist das erste Lebenszeichen des jungen Mannes seit langer Zeit.

 

Sozialarbeiter, Eltern, Geheimdienste, Journalisten und europäische IS-Kämpfer. Wie kann das alles zusammenpassen? Wie kann ein junger Mensch da rein geraten? Natürlich muss es besonders schlimm sein, wenn die Zwillingsschwester sich umbringt, wenn alles seinen Sinn verliert, das Studium keinen Nutzen hat. Aber wieso kann dann einer daherkommen und etwas als erstrebenswert hinstellen und wieso ist ein anderer dann so unreflektiert, dass er einfach überläuft. Möglicherweise ist es schwierig dafür echtes Verständnis aufzubringen. Eher schon dafür, dass jemand feststellt, dass Töten wohl doch nicht das Richtige ist. Doch kann man so einem glauben, dass er aussteigen will.

 

Die Gier der Journalisten nach der Story, das Schweigen des Sozialarbeiters und die Beamtenseelen der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die Schläue der IS Oberen. Daraus formt sich eine Geschichte, die sehr spannend ist, die in Teilbereichen allerdings fremd bleibt und die in den Bereichen, die verständlich sind, durch das Versagen derer geprägt,von denen man eigentlich mehr Durchblick erhofft hätte. So eine Welt mag man sich kaum vorstellen, es ist sehr ernüchternd allerdings auch glaubwürdig. Es ist nicht schön, aber so könnte es laufen. Auch wenn nicht jeder Teil der Handlung wirklich durchschaubar erscheint und einige Passagen sogar Widerwillen auslösen, so ist man doch gefesselt von der Darstellung einer sehr fremden Welt.