Rezension

Der detailgetreue, ungeschönte Bericht einer Zeitzeugin, die den Holocaust überlebte. Absolute Empfehlung.

Ich denke oft an den Krieg, denn früher hatte ich dazu keine Zeit - Hannelore Grünberg-Klein

Ich denke oft an den Krieg, denn früher hatte ich dazu keine Zeit
von Hannelore Grünberg-Klein

Bewertet mit 5 Sternen

Ich finde Kriegs- und Lagerliteratur so erschreckend wie interessant, und so war ich auf Hannelore Grünberg-Kleins „Ich denke oft an den Krieg, denn früher hatte ich dazu keine Zeit“ sehr gespannt. Die Autorin schrieb das Buch um die 1990er herum für ihre erwachsenen Kinder und starb kurz vor der Veröffentlichung des niederländischen Originals im Februar 2015.

Dieses Buch ist bei weitem nicht das erste, das ich zu diesem Thema gelesen habe, aber trotz der verhältnismäßig wenigen Seiten hebt es sich für mich deutlich von anderen Werken dieses Genres ab.

Einerseits berichtet die Autorin vom aktiven Ausüben des jüdischen Glaubens, das geht in den meisten Büchern unter, und andererseits erinnert sie sich extrem detailgetreu an das Leben in den Lagern Westerbork, Theresienstadt, Auschwitz und Mauthausen – und das alles in einem Schreibstil, der sich wie von selbst liest.

Was ich auch sehr interessant fand und wovon ich bisher noch nirgends gelesen hatte, war ein Bericht der gescheiterten Flucht nach Kuba. An Bord der St. Louis versuchte sie mit ihrer Familie und über 900 weiteren Flüchtlingen in Havanna an Land zu gehen – vergeblich.

Für mich gehört dieses Werk auf jeden Fall zu den Zeitzeugenberichten, die man sich vor allem angesichts der aktuellen politischen Lage dringend zu Gemüte führen sollte. Der Bericht dieser zu Lebzeiten starken Frau spiegelt die knallharte Realität des Holocausts wider und gedenkt durch viele namentliche Nennungen der Opfer.

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 16. Januar 2017 um 11:44

Danke für die Rezi - ich merke mir das Buch mal. Gut, dass hier auch solche Bücher rezensiert werden!

wandagreen kommentierte am 16. Januar 2017 um 11:50

Stimmt. Schluck. Das geht an die Nieren!

Tialda Bibliofeles kommentierte am 16. Januar 2017 um 12:51

Man kann sich dieses Thema gar nicht oft genug vor Augen halten :/. Nur leider tun es die, die es dringend sollten, nicht.