Rezension

Der Dichter der Familie

Der Dichter der Familie - Grégoire Delacourt

Der Dichter der Familie
von Grégoire Delacourt

Daten:

 

Titel: Der Dichter der Familie

Autor: Grégoire Delacourt

Übersetzer: Tobias Scheffel

Verlag: Atlantik Verlag (Hoffmann & Campe)

Genre: Gegenwartsliteratur

Preis: Gebunden 20,00 € | ebook 15,99 €

Erscheinungsdatum: 12.07.2017

Isbn: 978-3455404685

 

Vielen Dank an den Atlantik Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

 

Klappentext:

 

Mit sieben Jahren schreibt Édouard sein erstes Gedicht. Wie charmant! Die Familie ist entzückt, von jetzt an steht fest: Édouard ist der Dichter der Familie. Doch für ihn beginnt damit der unaufhaltsame Abstieg: Die Jahre vergehen, und vergebens versucht er diesen einen Moment reiner Liebe und Bewunderung wiederauferstehen zu lassen. Nichts will ihm gelingen: Er wählt die falsche Frau und muss machtlos zusehen, wie seine Familie zerbricht. Statt Schriftsteller wird er Werbetexter, trotz seiner Erfolge fühlt er sich als Versager. »Schreiben heilt«, hat sein Vater immer gesagt – wird Édouard schließlich die Worte finden, die ihn und seine Liebsten zu heilen vermögen? (Atlantik)

 

Meinung:

 

Wie auch in seinem Roman „Alle meine Wünsche“ konnte mich Delcourt wieder sehr mit seinem Schreibstil einnehmen. Auf den ersten Blick wirken Sätze und Absätze zusammenhangslos und aneinandergereiht. Doch in den kleinen und leisen Zwischentönen, verbirgt sich so viel mehr. Delacourt spricht durch Édouard zu gleichen Teilen sehr fern und distanziert, um dann wieder wortgewaltig den Lesern ins Schwanken zu bringen. Ich hatte mit Édouard selbst so meine liebe Müh, wurde bisweilen nicht richtig warm mit ihm, und litt dann doch wieder mit ihm zusammen unter der Lethargie seiner Familie.

 

Der Roman beinhaltet eine Aneinanderkettung von Schicksalsschlägen und den Weg der Familie, mit diesem umzugehen. Den Großteil dieses frühen Werkes des Autors empfand ich als bedrückend und melancholisch. Aus diesem Grunde musste ich es auch mehrfach aus der Hand legen, um selbst durchatmen zu können. Versteckt zwischen den Geschichten der Figuren erlebt man eine weitere. Es ist die Auseinandersetzung der Kriegskinder und -enkel und wie das nicht Aufarbeiten des Erlebten der Elterngeneration alles Darauffolgende beherrscht und mit sich reißt. Ähnliches konnte ich auch in unserer Familie feststellen, wenn dann doch nicht ganz so tragisch, und empfand diese Beschreibung daher als sehr authentisch, wenn doch belastend. Inwieweit autobiografisches in den Roman eingeflossen ist, mag ich nicht beurteilen zu können.

 

Gut zu wissen:

 

Der Roman wurde im Original bereits 2011 unter dem Titel „L’écrivain de la famille“ veröffentlicht und stellt Delacourts Erstlingswerk dar.

 

Fazit:

 

Ein düsterer Familienroman der erst zum Ende hin aufblüht, wenn man auch nicht mit einem Happy End rechnen sollte. Delacourt schafft es, die Gefühlswelt des Protagonisten dem Leser so sehr nahezubringen, dass dieser förmlich mit ihm leidet. Ich empfehle erst die anderen Werke des Autors zu lesen, um sich eine Meinung zu seinem Können und diesem Roman hier bilden zu können. Die Empfehlung des Börsenblatts als „Sommerroman“ würde ich nicht unbedingt unterschreiben. Dafür waren die dunklen Töne zu dominant.

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 25. August 2017 um 17:00

Mir hat der Roman sehr gut gefallen - aber er erreicht wohl nicht alle LeserInnen...