Rezension

Der etwas andere Reisebericht

Das große Los - Meike Winnemuth

Das große Los
von Meike Winnemuth

Bewertet mit 4 Sternen

„Das große Los“ von Meike Winnemuth ist der interessante Reisebericht einer Journalistin, die 2010 bei „Wer wird Millionär“ fünfhunderttausend Euro gewann und daraufhin eine Weltreise der etwas anderen Art machte.
Zwölf Monate in zwölf Städten, verteilt über die ganze Erde, in denen Winnemuth sich jeweils eine Wohnung mietete, um dort so normal wie möglich zu leben und nicht nur auf den üblichen Pfaden der Touristen zu wandeln.

Die Berichte über ihre Erlebnisse in diesen verschiedenen Städten, fasste die Journalistin nicht nur in diesem Buch, sondern bereits während der Reise in einem Blog zusammen. Das Buch schreibt sie bei jeder Etappe in Form von Briefen an die Daheimgebliebenen – persönlich und emotional -, gespickt mit schönen Fotos von unterwegs, die das Buch als Anschauungsmaterial und Farbtupfer bereichern.

Neben interessanten Reiseerlebnissen verbindet Winnemuth den Trip in die verschiedensten Winkel der Welt mit der eigenen Selbstfindung, die ebenfalls einen beachtlichen Teil des Inhalts von „Das große Los“ einnimmt. Die Gewichtung variiert allerdings sehr. Während gerade bei exotischeren Orten mehr unterhaltsame Anekdoten über das Leben dort zu finden sind, zeigen die Berichte über andere Reiseetappen deutliche Länge, es kam sogar ein leicht anstrengendes Gefühl einer akuten Luxusproblemeritis auf, die hin und wieder ausgiebig bejammert wurde. Allerdings hielt sich dies in Grenzen, denn die Autorin zeigte einen bissigen, selbstironischen Humor und mit insgesamt sehr sympathischen Zügen auch ganz andere Seite von sich, die unterhaltsam, aber auch persönlich, emotional und menschlich war.

Die Aufgeschlossenheit, mit der Winnemuth ihre Reise begeht, ist bewundernswert, oft sind aber gerade die Momente, an denen diese Aufgeschlossenheit und Neugierde an ihre Grenzen stößt, die menschlichsten und beeindruckendsten. Wie beispielsweise umgehen mit der erschlagenden Armut mancher Orte? Ist Hingehen und Hinschauen angemessen? Oder ist es ein Begaffen von Armut, ein ungebetenes Eindringen in die Privatsphäre? Ist Abstandhalten Wegschauen? Ein Augenverschließen vor der Realität? Wie verhält sich die so deplatziert wirkende Westeuropäerin hier richtig – mitfühlend, aber nicht anmaßend, aufmerksam, aber nicht aufdringlich? Diese Ehrlichkeit, auch die Unbeholfenheit in einigen Situationen klar zu thematisieren, lässt das Buch mehr werden, als einen entdeckungsreichen Reisebericht.

Durch die Briefform und die persönliche, auch witzige Art der Autorin, ist „Das große Los“ eine schöne Leseunterhaltung – ob es als Vorbild für eine eigene Reise taugen kann, muss man wohl mit einem Fragezeichen versehen. Eine Frage, die nur jeder für sich selbst beantworten kann. Immerhin ist „Meike Winnemuth aus Hamburg, 50, ledig, Single, keine Kinder“, wie Günther Jauch sie in seiner Show vorstellte, zum Zeitpunkt ihrer Reise ungebunden und beruflich flexibel. Auch nur so lässt sich ihr Fazit erklären, dass sie den Gewinn aus der Quizsendung kaum gebraucht habe. Sie arbeitete von unterwegs weiter.

Fazit: Ein sehr persönlicher Bericht über eine ganz besondere Weltreise. Interessante Beobachtungen, Selbstfindung, ungewöhnliche Orte – Meike Winnemuth gelingt in „Das große Los“ eine gute Mischung aus Ernsthaftigkeit und selbstironischem Humor, der sich trotz kleiner Längen als Lektüre lohnt. 4 Sterne.