Rezension

Der (fast) perfekte Thriller

Die perfekte Gefährtin - Helen Fields

Die perfekte Gefährtin
von Helen Fields

Bewertet mit 4 Sternen

Die Thrillerreihen dieser Welt verfügen meist über einen männlichen Protagonisten, der eher verschroben, faul, lustlos am Job ist, dann in die Abgründe des Fall hineingezogen wird und am Ende weitere Nerven verloren hat, um nur noch kaputter zu werden. Das klingt jetzt sehr negativ, aber ich finde es meist sogar sehr spannend, weil es einen ganz anderen Blick auf die kriminellen Abgründe wirft. Luc Callanach wird uns Lesern als das komplette Gegenteil vorgestellt. Klar, auch er hat eine bewegte Vergangenheit, die uns nach und nach erklärt wird, aber er sieht aus wie ein Model, hat gut geschulte Führungsqualität und ist eine totale Arbeitsbiene.
Bei diesem positiven Kontrastprogramm kann man schnell mal skeptisch werden, daher war ich beruhigt, dass sich schnell zeigt, dass er seine positiven Eigenschaften wirklich zu nutzen weiß. Zudem zeigt sich schnell, dass er eine gute Intuition hat, die sich positiv auf seine Ermittlertätigkeit auswirkt. Zudem hat er ein großes Empathievermögen, so dass ich schnell großes Identifikationspotenzial mit ihm sah. Aber nicht nur er weiß zu überzeugen, auch Ava Turner, die fast schon die zweite Protagonistin darstellt, kann durch Selbstbewusstsein, Selbstbehauptung und Mumm glänzen. Die beiden ergänzen sich gut und bauen sogleich eine Verbindung auf, die egal in welcher Konstellation auch immer, viel Potenzial hat.
Überraschend war sicherlich, dass nicht nur ein Fall abgearbeitet wird. Klar, der zweite Fall ist eigentlich Avas Fall, aber Callanach beteiligt sich so sehr an diesen Ermittlungen, dass man es getrost als zweiten Fall des Thrillers betrachten konnte. Dass der Hauptfall erst nicht so recht in die Potte kommen wollte, stößt etwas seltsam auf. Wird aber schnell dadurch verdrängt, dass der Hauptfall im Gesamten unheimlich spannend gestaltet wird. Dabei hilft ganz klar, dass wir eine sehr ausführliche Innenansicht in die Psyche des Täters bekommen. Diese Kapitel sind nervenaufreibend, weil sie zum Teil auch ungeheuer brutal sind und dadurch echt an die Nieren gehen. Aber es ist eben dadurch auch sehr authentisch und definitiv im Gedächtnis bleibend. Gerade zum Ende hin gibt es dann auch viele überraschende Wendungen und die Spannung wird so extrem aufgebaut, dass man die letzten 100 Seiten regelrecht auffrisst, weil man so viel Hunger nach mehr hat.
So einen tollen Auftakt einer Thriller-Reihe habe ich schon länger nicht mehr gelesen, auch wenn neben den zunächst schläfrigen Ermittlungen, es einige Nebenschauplätze gibt, die eher unnötig, wenn nicht sogar als aufhaltend zu bezeichnen sind. Da spukte mir immer wieder Frage durch den Kopf, ob die Autorin für den ersten Band teilweise etwas zu viel wollte. Aber die Hauptsache war für mich, dass die Thriller-Elemente großartig waren, der Rest kann sich noch einspielen.
Fazit: Alleine schon der Auftakt „Die perfekte Gefährtin“ verspricht, dass die neue Thriller-Reihe von Helen Fields echt etwas werden könnte. Ein toll harmonierendes Ermittlerduo, die vom Rang her gleichgestellt sind, dazu ein intensives Täterpsychogramm, das Gänsehaut beschert und vor allem Spannung, Spannung, Spannung. Kleinere Schönheitsfehler, die schon störend wirkend, lassen mich am Ende vier Sterne geben. Aber dieser Thriller ist an den fünf Sternen ganz nah dran, wirklich ganz nah!