Rezension

Der Fluch des zweiten Buches nach dem Welthit.

Die Analphabetin, die rechnen konnte - Jonas Jonasson

Die Analphabetin, die rechnen konnte
von Jonas Jonasson

Mit „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ hat Jonas Jonasson einen Welthit gelandet. Beinahe zwei Jahre stand und steht das Buch nun auf der Bestsellerliste – die meiste Zeit davon auf Platz 1.

Ziemlich schnell nach seinem Debüterfolg legte Jonasson nun das zweite Buch nach, wieder mit einem coolen Titel, wieder mit einer abgefahrenen Geschichte: „Die Analphabetin, die rechnen konnte“.

Die Geschichte beginnt in Südafrika, mitten in der Apartheidszeit Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Die junge Schwarze Nombeko ist zwar Analphabetin und Latrinenarbeiterin – aber sie kann mehr. Und zwar so viel, dass sie über verschiedene verrückte Umstände schließlich mitten im südafrikanischen Atomwaffenprogramm landet. Allerdings als Putzfrau des Ingenieurs, der die Entwicklung der Nuklearwaffen leitet.

Doch schnell wird klar: Der Ingenieur ist ein Blender und Nichtsnutz und die eigentliche Arbeit, die erledigt seine Putzfrau.

Durch ein Versehen werden dann von seinem Team 7 statt 6 Atombomben gebaut und das Unglück nimmt seinen Lauf, denn Nombeko wird auf ihrer abenteuerlichen Reise durch die Weltgeschichte (die sie bis nach Schweden führt) diese verdammte 7. Atombombe, die es eigentlich gar nicht geben sollte, irgendwie nicht mehr los…

Was soll man zu dem Buch sagen? Es ist eben „Der Hundertjährige“ in einem anderen Setting. Und noch viel, viel absurder.

Doch während das Erstlingswerk gekonnt auf dem Drahtseil zwischen Realität und Absurdität balanciert und dabei sogar den Humor gut in der Hand behält, tanzt „Die Analphabetin“ gekonnt Limbo unter dem Drahtseil.

Denn die Frage nach Realität stellt sich in diesem Buch zu keiner Zeit. (Außer vielleicht auf den ersten 10 Seiten, aber diese sind wohl nicht repräsentativ.)

Die Geschichte ist irgendwie auf ihre Art abgefahren und witzig, allerdings ergibt sich das nicht aus der Situationskomik wie im „Hundertjährigen“, sondern eher aus völlig absurden Wendungen. Auch der ein oder andere kleine Logikfehler wird so überspielt, dass einfach eine noch verrücktere Wendung eintritt.

Dadurch kann man die Geschichte zwar als aufregend und atemlos bezeichnen, aber das alleine baut noch keine Spannung oder Emotionalität auf.

Was man dem Buch und dem Autor allerdings zu Gute halten muss, ist, dass die Personenzeichnung wieder außerordentlich gut ist. Man bekommt einen so lebhaften Eindruck von allen Personen, dass man richtig aggressiv wird, wenn Holger I etwas sagt, alles süß findet, was Holger II macht, man Celestine mal gerne richtig verprügeln würde und mit Nombeko um einen guten Ausgang des Abenteuers hofft. Sogar der schwedische König und der Ministerpräsident werden einem richtig sympathisch.

Doch auch das kann nicht über die Schwächen in der Geschichte hinwegtrösten und über den einfachen Umstand, dass es eigentlich die gleiche Geschichte ist wie im „Hundertjährigen“.

Ich für meinen Teil hätte lieber zwei Jahre länger auf das neue Buch von Jonas Jonasson gewartet, als einen Schnellschuss serviert zu bekommen, der mich nur mittelmäßig begeistert hat. Allerdings muss man hier an dieser Stelle auch wieder die Frage aufwerfen, in wie weit es einem Jonasson mit dem zweiten Buch überhaupt recht machen kann, wenn man den „Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ überragend fand.

Das ist sicherlich eine schwere Aufgabe – keine Frage. Und dieser zweite Band ist auch noch okay. Aber ob ich ein drittes Buch von dem Autor lesen würde? Da muss er sich dann schon etwas Neues einfallen lassen.

Kommentare

Britta Röder kommentierte am 05. April 2014 um 20:18

Und genau deshalb werde ich wohl ganz auf die Lektüre verzichten, auch wenn es noch so nett ist.