Rezension

Der Flüchtlingsstrom

Die Hungrigen und die Satten - Timur Vermes

Die Hungrigen und die Satten
von Timur Vermes

Aus einer verrückten Idee geboren macht sich eines Tages ein Tross von hundertfünfzigtausend Menschen auf den Weg in eine neue Zukunft. Sie scheuen dabei nicht die scheinbar unüberwindbare Strecke von 12000 km und die Gefahren, die damit verbunden sind, denn die Alternative wäre ein wackliges Schlauchboot, an dessen Bord sie sich den Platz teuer über Schlepper erkaufen müssten. Angeführt wird der Flüchtlingsstrom von Nadeche Hackenbusch, einer trashigen und zur Zeit sehr angesagten Fernsehmoderatorin, und ihrem Freund Lionel, der beim Casting zu einem Flüchtlings-bericht das Rennen gemacht hat. Wie weit werden die Verzweifelten kommen?
Timur Vermes hat schon in seinem Erstlingswerk "Er ist wieder da" ein sehr brisantes Thema aufgegriffen und was lag da näher, sich bei seinem neuen Werk der Flüchtlingspolitik als das umstrittene Thema schlechthin zu widmen. Er hat einen bitterbösen Roman geschrieben, der die Gesellschaft und deren Umgang mit der Problematik auf die Schippe nimmt. Die Hauptprotagonisten werden von ihm stark überzeichnet, so dass sie hervorragend die Nebensächlichkeiten in den Vordergrund stellen, mit denen sich der Wohlstandsmensch tagein und -aus beschäftigt. Die wirklichen Probleme werden aus-geblendet und geschoben, Lösungen werden erst gar nicht gesucht, da sich alles ja noch so weit weg befindet. Aber der Flüchtlingsstrom kommt näher und damit auch die internen Sorgen. Hier führt Timur Vermes hervorragend die Auswirkungen auf die Politik und  die Bevölkerung vor Augen. Die Zeit läuft davon und immer mehr Optionen lösen sich in Wohlgefallen auf. Gerade den letzten Teil des Buches hätte ich in dieser dramatischen Form nicht erwartet und er lässt mich auch sehr nachdenklich zurück.
"Die Hungrigen und die Satten" ist sicherlich ein nicht ganz einfaches aber für die heutige Zeit notwendiges Buch. Es ruft zum Handeln auf und hinterfragt uns selber. Einige Passagen empfand ich als ein wenig schleppend, was aber mit dem überraschenden Finale wieder kompensiert werden konnte. Für Poltikinteressierte und auch die, die es werden wollen eine spannende und unterhaltsame Lektüre, die ich gerne weiterempfehle. Von mir erhält das Buch gute vier von fünf Sterne.