Rezension

Der Freund des Opfers

Ein Winter in Paris - Jean-Philippe Blondel

Ein Winter in Paris
von Jean-Philippe Blondel

Durch und durch französisch ist dieser Text! Im Mittelpunkt als Handlungsort steht ein Pariser Lycée, in der die Schüler einen Vorbereitungskurs auf die Uni absolvieren nach dem Abitur.
Einige mit dem Ziel um den berühmten Concours  zu bestehen, eine staatliche Prüfung um in den Staatsdienst aufgenommen zu werden, zB Lehrer.
Der Protagonist, Victor, stammt aus der Provinz, wodurch ein zweiter Themenkomplex in den Text fließt: französische Provinz vs. Paris!  Eine Hassliebe, die der Autor Jean-Philippe Blondel hier wunderbar raus arbeitet.
Und das Hauptthema des Romans ist der Suizid eines Mitstudenten aus einer anderen Klasse, Mathieu.  Ein Roman der von unerwarteten Beziehungen handelt, Verknüpfungen die sich durch Zufälle, positive wie negative, im Leben ergeben.
Das Buch könnte auch den Titel „Der Freund des Opfers“ heißen und den Inhalt mehr auf den Punkt bringen als der Titel „Ein Winter in Paris“.

Jean-Philippe Blondel hat schon einige gute Werke vorgelegt, die ich allesamt wärmstens empfehlen kann. Vor allem „6 Uhr 41“ war aus seiner Feder mein Favorit.
Das Buch hat eine sehr persönliche Note. Jean-Philippe Blondel verarbeitet hier einen Stoff den erst selbst erlebt hat in seiner eignen Zeit an einem Lycée in Paris in den 80er Jahren. Ein Selbstmord in der Nachbarklasse, ein Schrei der mental nie verhallt.
Daher ist es auch etwas anders im Ton als die anderen seiner Romane, das Buch wirkt an mancher Stelle wie ein gedankenverlorenes Erzählen des Autors und hat eine düstere Färbung.
Aber, wie alle Roman von ihm, ist die Sprache wunderbar, wie immer. Wie auf Seite 138: „Es ist besser, ein Meister der Illustrationen zu werden als der Spielball seiner Umwelt.“

Fazit: Das erste Drittel hat mich angestrengt, das zweite irritiert und das letzte versöhnt.