Rezension

Der Funke sprang nicht über

Ein Kleid aus Seide und Sternen - Elizabeth Lim

Ein Kleid aus Seide und Sternen
von Elizabeth Lim

Bewertet mit 2 Sternen

Angesichts des hinreißend gestalteten Covers erhoffte ich mir wahrlich märchenhaft-schöne Unterhaltung. Leider entwickelte sich die Geschichte genau entgegengesetzt meiner Erwartungen.

Die junge Heldin Maia Tamarin träumt davon, die beste Schneiderin des Reiches zu werden. Da Frauen wenig Aussicht auf eine Berufskarriere haben, tarnt sie sich als Junge, um am kaiserlichen Hof ihr Können unter Beweis zu stellen. Zusammen mit einigen anderen Schneidern beteiligt sie sich an einem Wettbewerb. Der Sieger erringt die Gunst der künftigen Braut des Kaisers. Doch es kommt anders: Maia gerät nicht nur zwischen die Fronten zweier Königshäuser, sondern muss sich auch gegen Intrigen aus den Reihen ihrer Konkurrenten wappnen.

Das klang für mich nach Aschenbrödel meets Schneiderlein, meets asiatische, emanzipierte Fantasy und damit wirklich ganz zauberhaft. „Die Welt voller Magie und Abenteuer“, die der Klappentext versprach, gab im Endeffekt jedoch ein ziemlich blasses Erscheinungsbild ab. Das begann schon beim Begriff „asiatische Fantasy“. Denn abgesehen von einigen asiatisch klingenden Namen lässt sehr wenig auf ein asiatisches Setting schließen. Die Geschichte könnte überall und nirgendwo spielen, weil die Autorin ihre Welt kaum ausstaffiert, sondern nur umreißt. Sowohl Handlungsorte, als auch Figuren.

Im ersten Drittel dreht sich viel ums Nähen. Ein zweiter Handlungsstrang, bei dem es um die Beziehung zwischen dem Kaiser und seiner künftigen Braut geht (und die offenbar nicht ganz unwichtig für das Verständnis einiger Grundkonflikte ist), kommt dabei eher wie ein Hintergrundrauschen daher. Aus irgendeinem Grund zögert die Braut die Hochzeit hinaus und beschäftigt die Schneider (und somit auch Maia) mit immer neuen Aufgaben. Bei allem Verständnis dafür, dass es sich um einen Reihenauftakt handelt, hätte ich mir hier ein paar aussagekräftigere Einblicke gewünscht. Vielleicht sogar einen Perspektivwechsel zwischen Maia und der Prinzessin? So aber blieb dieser Teil der Geschichte durchgehend schwammig und schaffte es nicht, mein Interesse für die Prinzessin und ihren Verlobten zu wecken.

Ebenso nebulös blieb für mich die Magie im Buch. Einige wollen mit ihr nichts zu tun haben, andere nutzen sie für ihre Zwecke. Warum? Weshalb? Wie funktioniert sie eigentlich? Das alles wurde mir nicht so recht klar. Manches erschien mir nahezu sonderbar. Etwa eine magische Schere, die nähen kann. Eine nähende Schere? Im Ernst? Da tauchen schräge Bilder vor meinem inneren Auge auf.

Ganz und gar nicht einverstanden war ich auch mit der Richtung, in die sich die Geschichte im zweiten Drittel entwickelte – nämlich hin zu einer recht klischeehaften Lovestory. Statt den Schwerpunkt auf Maias Reise zu setzen und ihren kniffelige Auftrag, Kleider aus der Sonne, den Sternen und des Mondes zu fertigen, hakt die Autorin vieles hopplahopp ab und füllt die Seiten stattdessen mit Neckereien zwischen Maia und dem Hofzauberer Edan, die sich schnell zu Liebesschwüren auswachsen. Meine Hoffnung auf ein aufregendes Abenteuer erstarb.

„Ich liebe dich auch“, flüsterte ich und berührte seine Wange. Es tat weh lauter zu sprechen – und ich war heiser vor Rührung.

Mein größter Kritikpunkt betrifft aber gar nicht einmal unbedingt die Handlung an sich: Die Geschichte unterscheidet sich in ihren Komponenten nicht sehr von vielen anderen. Natürlich entpuppt sich auch Maia als eine Art Auserwählte. Es hapert meinem Empfinden nach vielmehr am schriftstellerischen Handwerk, am Können bzw. Nichtkönnen, dem Leser diese Welt in all ihrer Sinnlichkeit näher zu bringen, Gefühle fühlbar zu machen, Spannung als spannend erlebbar.

Und so findet sich zwar hier und da eine nette Passage, die aufhorchen lässt, doch insgesamt fehlt schlicht und ergreifend die fesselnde Ausgestaltung. Daher endet meine Reise mit Maia und Edan bedauerlicherweise auch schon wieder. Ich wünsche den beiden alles Gute für den zweiten Teil und der Autorin viele glückliche LeserInnen, die sie zweifelsohne hat, wenn man einmal die Bewertungsstatistik betrachtet. Ich selbst war leider nicht allzu beglückt.