Rezension

Der großartige Erzähler ist zurück, ohne einem Wort zu viel

Joyland - Stephen King

Joyland
von Stephen King

Bewertet mit 5 Sternen

Wie viel wurde über Stephen King in den vergangenen Jahren berichtet? Negatives, meine ich. Während viele Kritiker, die wohl noch von den ersten Werken beeinflusst waren, jedes seiner neuen Werke hoch lobten, verlor der Schriftsteller bei vielen Lesern nach und nach das Ansehen. Einige schoben es auf sein Alter, die meisten aber auf seinen Unfall, den er im Sommer 1999 gehabt hatte. Und auch ich war hin und her gerissen. Während ich "Duddits" und besonders "Wahn" sehr gut gefunden hatte, war mir "Die Arena" zu klischeehaft und "Der Anschlag" schlichtweg zu langatmig und durchschaubar gewesen. Über das hoch-ambitionierte, selbsternannte Lieblingsbuch des Autors "Love" lege ich lieber den Mantel des Schweigens. Was seine Kurzgeschichten und Erzählungen angeht, ist es genau so. Hin und her das Ganze. Doch kein Buch von ihm (außer "Das Leben und das Schreiben"), das er nach seinem Unfall verfasst hat, hätte von mir ganze 5 Sterne bekommen. Bis jetzt.

Über den Inhalt möchte ich nichts verraten. Ihr sollt euch überraschen lassen, wie Stephen King das Kunststück vollbringt, die Atmosphäre und Besonderheit seiner frühen Novellen und Romane mit seinem gereiften Schreibstil von heute zu kombinieren, um nun ein kleines Meisterwerk zu schaffen. Kein Wort zu viel, genau die richtige Länge, um zu erzählen, was er sich vorgenommen hat.

Neben der Geschichte an sich, seiner genauen Beobachtungsgabe und den ohnehin schon immer sehr realistischen und intensiven Einblicken in das Innenleben seiner Hauptfiguren, hat sich nun etwas in sein Werk geschlichen, das ich vielleicht als Altersweisheit bezeichnen würde. Großartig, wie er all seine früheren Elemente, wenn sie ihm geglückt sind, mit beinahe philosophischen Gedanken angereichert hat. Was sich vor allem in "Wahn" und "Der Anschlag" schon ankündigte, hat sich in "Joyland" endlich zu voller Blüte entfaltet: Stephen King ist auch Romancier.

Ein nachdenklicher, manchmal trauriger, manchmal humorvoller Roman, der trotzdem einiges an Düsternis in sich birgt, an Spannung und Übersinnlichem.
Ich freue mich jetzt schon auf "Doctor Sleep".

Nur eins als Warnung: Wer aufgrund des Titels und der Inhaltsbeschreibung einen echten Pulp-Roman erwartet, der wird enttäuscht sein. In Amerika erschien "Joyland" auch in der Reihe "Hardboiled Crime", was ich eigentlich nicht verstehe.