Rezension

Der Holocaust in Frankreich....

Sarahs Schlüssel - Tatiana de Rosnay

Sarahs Schlüssel
von Tatiana de Rosnay

Bewertet mit 5 Sternen

Bücher über den Holocaust gibt es ja mittlerweile reichlich. Bisher habe ich mich fast ausschließlich mit der Judenverfolgung in Deutschland und Polen beschäftigt. In „Sarahs Schlüssel“ greift die Autorin Tatiana de Rosnay allerdings den Völkermord an der jüdischen Bevölkerung in Frankreich auf und beleuchtet die historischen Ereignisse in einer unglaublich anrührenden und erschütternden Geschichte.

Im Juli 1942 wird die 10jährige Sarah jäh aus ihrem beschaulichen Leben gerissen. Mitten in der Nacht wird sie mit ihren Eltern von der französischen Polizei abgeholt und mit tausenden anderen Juden im ehemaligen Velodrome d’Hiver (einer Winterradsporthalle) im Herzen von Paris zusammengepfercht. Sarahs Sorge dreht sich aber fast ausschließlich um den kleinen Bruder, der sich im Wandschrank der Wohnung versteckt hält. Den Schlüssel trägt sie bei sich und hofft inständig, dass die Familie schnell wieder zurückkehren darf. Diese Hoffnung bleibt jedoch unerfüllt. Nach fünf erbarmungswürdigen Tagen werden die Juden über verschiedene Zwischenlager zur Vernichtung nach Ausschwitz verbracht. Sarah kann jedoch nach der Trennung von ihren Eltern fliehen und hat nur ein Ziel vor Augen: Sie muss zurück nach Paris und ihren Bruder retten….

Die Story wird in zwei Zeitschienen erzählt. Zum einen wird der Leser mit dem Schicksal von  Sarah im Jahre 1942 konfrontiert. Zum anderen spielt die Geschichte im Paris des Jahres 2002. Dort recherchiert Julia, eine amerikanische Journalistin, die seit vielen Jahren in Frankreich lebt, über die tragischen Ereignisse während der Judenzusammentreibung im Nationalsozialismus. Dabei stellt sie fest, dass in ihrer neuen Wohnung eine jüdische Familie gelebt hat, die ebenfalls der großen Razzia von 1942 zum Opfer gefallen ist. Bei ihren Nachforschungen stößt sie auf die Geschichte von Sarah. Tief erschüttert deckt sie dabei ein Familiengeheimnis auf….

Dieser Roman ist trotz seiner nüchternen Darstellung unfassbar ergreifend. Das Schicksal von Sarah lässt einen nicht mehr los. Es ist kaum zu fassen, welches Elend über diese Menschen gebracht worden ist; welche Todesangst sie ausgestanden haben müssen.

Der Holocaust ist grundsätzlich ein Thema, das weit über mein Vorstellungsvermögen hinausgeht. Auch in „Sarahs Schlüssel“  wird die menschenfeindliche und grausame Behandlung der jüdischen Bevölkerung deutlich. Seit Kriegsbeginn mussten die Juden auch hier zunehmende Demütigungen und Ausgrenzungen erdulden. So verhängte man Ausgangssperren, beschlagnahmte Eigentum und verbot den Zutritt zu vielen Einrichtungen.

Mit der großen Judenrazzia im Juli 1942 in Paris wurde schließlich eine Massendeportation in unvorstellbarem Ausmaß eingeläutet. Trauriges Detail ist hierbei, dass die Umsetzung der Maßnahme durch die französische Polizei erfolgte. Die Beteiligung Frankreichs an der systematischen Ausrottung des jüdischen Volkes war daher auch viele Jahrzehnte ein absolutes Tabuthema. Erst im Jahre 1995 entschuldigte sich der damalige Staatschef Jaques Chirac für die Mitwirkung Frankreichs am Holocaust und den dadurch hervorgerufenen Leid.

Die beiden Handlungsstränge werden abwechselnd nebeneinander erzählt. Die Autorin versteht es, diese glaubwürdig miteinander zu verbinden. Die Geschichte in der Gegenwart steht den Ereignissen aus der Vergangenheit an Dramatik in nichts nach.

„Sarahs Schlüssel“ ist ein Roman, den ich aus vollster Überzeugung jedem empfehlen kann, der sich für das Thema der Judenverfolgung interessiert.

….denn niemand sollte jemals vergessen!