Rezension

Der Kampf gegen den Seelenfänger

Der Duft des Lebens - Clara Maria Bagus

Der Duft des Lebens
von Clara Maria Bagus

Bewertet mit 5 Sternen

          „Vergiß nicht, das deine Seele Flügel hat.“

Das ist ein Zitat aus dem Prolog, der mit wenigen Sätzen voller geheimnisvoller Andeutungen beginnt. Der Roman fängt an wie in einem Märchen: „IN EINEM FERNEN LAND,...“.
Die feinsinnige, poetische Sprache zieht sich durch das ganze Buch, obwohl die Handlung alles andere als märchenhaft ist.

Zum Inhalt:
Der Start ins Leben des kleinen Jungen namens Aviv (bedeutet Frühling) geht mit dem Tod der Mutter Helene einher. Die Hebamme Selma, die nie Kinder bekommen konnte, nimmt Aviv als ihren eigenen Sohn an. Selma ist selig. Der Einen Unglück ist der Anderen Glück. Aviv Silberberg wächst wohlbehütet bei der schon älteren Frau auf. Er entwickelt einen wachen Blick für das Treiben der Menschen und bald beginnt er zu ahnen und zu spüren, dass etwas Dunkles, Eigenartiges in der Stadt vor sich geht. Der Junge lernt das Glasbläserhandwerk beim alten Abramowitsch. Eines Tages kommt ein seltsamer Kunde in den Laden, der ein feindliches Verhalten an den Tag legt, das Aviv das Blut in den Adern gefrieren läßt. Kaminski, ein Arzt, bestellt bei Aviv fünfzig Glasfläschchen und eine besondere Amphore. Damit nimmt das Unheil seinen Lauf...

Die Einteilung der Erzählung erfolgt in den vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter und in 73 Kapiteln sowie Prolog und Epilog. Clara Maria Bagus nimmt den Leser mit in eine kleine, fiktive Stadt mit ihren arg- und ahnungslosen Bewohnern, die dem bitterbösen Arzt Arthur Kaminski in die Falle gehen. Die meisten Menschen folgen ihrem Gewissen, aber er folgte seiner grausamen Natur. Ihm wurde schmerzhaft bewußt über viele Jahre, dass er anders ist. Deshalb verspürt Kaminski den unwiderstehlichen Drang seine rabenschwarze Seele los zu werden. Durch ein Seelenkonzentrat aus allen genialen, menschlichen Eigenschaften will er seine vollkommene Seele kreieren. Mit dem einzigartigen Lebenselixier möchte er sich zum perfekten Menschen machen.
„Das Beste der Menschheit in eine einzige Seele packen – eine Seele, die ganz allein für ihn bestimmt war.“
Die Kapitel sind kurz und die bildhafte, oft ätherische Sprache läßt sich wunderbar lesen. Abwechselnd erfährt man durch die beiden Erzählstränge um Aviv und Kaminski von den teuflischen, mörderischen Machenschaften des Arztes und von den Rückschlägen, die Aviv im Kampf gegen ihn erleiden muss. Hätte er nicht die Hilfe von seinen liebsten Mitmenschen (Selma, Abramowitsch, Filip) und des gewandelten Diebes Isaac gehabt, so wäre er gescheitert. Das Böse hätte über das Gute gesiegt!
Für mich war dieses Buch voller Weisheiten mit vielen aussagekräftigen Sätzen, die ich in meine Zitatesammlung aufnahm. Es ist ein Buch mit wundervollen Einsichten und überraschenden Wendungen sowie tiefer Menschlichkeit neben der verkohlten, schäbigen Seele des Arztes.

Fazit:
Als erstes fiel mir der wunderbare Schreibstil auf. Die Sprache ist voller Kraft, voller Poesie trotz der traurigen Momente! Nahtlos in den positiven Gesamteindruck fügt sich das stilvolle Cover ein, der hellblaue Hintergrund und die Anmut der weißen Blume.

„Der Duft des Lebens“ ist für mich ein Lesehighlight des Jahres 2018. Ich kann es guten Gewissens weiterempfehlen mit der Höchstbewertung!