Rezension

Der kurze Weg von der Utopie zur Dystopie

Smarte neue Welt - Evgeny Morozov

Smarte neue Welt
von Evgeny Morozov

Bewertet mit 5 Sternen

Ineffizienz, Mehrdeutigkeit, Undurchsichtigkeit stellen heute offenbar das Problem dar, das gelöst werden muss. Die smarte neue Welt steht für Effizienz, Eindeutigkeit und Transparenz. Im Silicon Valley wird die Zukunft der Menschheit gedacht. Die Verbesserung aller möglichen Fehlerstellen im menschlichen und irdischen Sein soll mithilfe der Technik erreicht werden. Wenn Google zu Zeit verstärkt in Robotik, Sensorik und andere Zukunftstechnologien investiert, kann man sich vorstellen, wie allumfassend der Ansatz zur globalen Kontrolle ist.

Der brillante, aber nicht unumstrittene junge Gelehrte Evgeny Morozov macht sich daran, die modernen Mythen, die hinter dem Glauben der technischen Allmachtsphantasien der Geeks  im Valley zu entzaubern.

Als eine Grundlage der Internetideologie sieht Morozov den  Solutionismus, d.h., jedes komplexe Problem so zu reduzieren, das eine passende technische Lösung generiert werden kann. Viele Probleme sind aber nur zum Schein solche, sie sind vielmehr Grundlage der Existenz des Lebens (Effizienz gehört nicht zur menschlichen Grundausstattung, egal welche Prämissen Techniker und Wirtschaftswissenschaftler ihren Modellen zu Grunde legen).

Ein anderer Aspekt Morozovs Kritik ist die quasireligiöse Verehrung des „Internet“ als autonome Entität, die jeglicher irdischen Kontrolle entzogen scheint (David Post spricht in diesem Zusammenhang von unumstößlichen Gesetzen, denen das Internet unterliegt Eric Schmid, meint wir sollten den „Strich des Internet“ erforschen und in seine Seele schauen).

Morozovs Buch ist ein eminent wichtiger Debattenbeitrag, der die Dringlichkeit der systematischen Auseinandersetzung auch und gerade im Hinblick auf die Entwicklung unserer demokratischen  Strukturen deutlich macht.