Rezension

DER LETZTE WUNSCH

Ans Meer
von René Freund

Bewertet mit 5 Sternen

          René Freund erzählt eine alltägliche Begebenheit aus einem kleinen österreichischen Städtchen. Anton Schwenk, der Linienbusfahrer befindet sich auf seiner täglichen Tour und es ist für ihn kein so guter Tag.
Schon nach den ersten Zeilen war ich mittendrin im Geschehen und fühlte mich als Passagier in Antons gelben, alten, klapprigen Bus. Anton ist mir sofort ans Herz gewachsen. Ein Mann wie ein Bär („Bärli“), aber unbeholfen, wenn es um Herzensdinge geht. Er hat gern alles unter Kontrolle, die er aber bei seiner Nachbarin Doris so gern verlieren möchte.
Als Linienbusfahrer trägt er große Verantwortung. Jedoch die Realität hatte seine Liebe zum ehemaligen Traumberuf aufgefressen. Ein Tag war inzwischen wie der andere und er hat viel Zeit zum Nachdenken. Es kommt bei ihm nach und nach viel Frust auf, die ständigen Kontrollanrufe der Mutter, der hustende Mann auf dem Balkon seiner Liebsten, die infame Beschuldigung der Körperverletzung eines Schülers und die zeitnahe Vorladung bei seinem Arbeitgeber deswegen. Das führt dazu, dass er alles auf eine Karte setzt. Er erfüllt der todkranken Carla ihren Wunsch nochmal ihre italienische Heimat, die Lieblingsstätte ihrer Kindheit, die Bucht, das Meer zu sehen. Spontan fragt er die verbliebenen Fahrgäste: „Wer hat Lust, ans Meer zu fahren?“ und funktioniert kurzerhand seinen Linienbus zum Reisebus um. Sofort geht es los mit der Reise, die mit unvorhergesehenen Hindernissen aufwartet...

Sämtliche Charaktere wurden wunderbar herausgearbeitet. Der sympathische, liebenswürdige Anton, seine nervtötende Mutter Mechthild, die todkranke Clara, die demente Frau Prenosil und die unterschiedlich temperamentvollen Kinder bzw. Jugendlichen Annika, Ferdinand, Helene und Eva.
Abwechselnd wird aus Antons und Doris Sicht die Handlung auf 140 Textseiten und in 55 kurzen Kapiteln vorangetrieben.
René Freund schreibt mit Gefühl, sehr warmherzig und mit guter Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis. Obwohl ich zunächst etwas bekümmert war, dass die Fahrt mit Anton so schnell zu Ende ging, empfand ich es dann doch als angenehm, dass die Story nicht zu lang war. Dicke Bücher gibt es genug!

Fazit:
Ich habe die Reise "Ans Meer" mit sehr viel Vergnügen gelesen. Ich fand die Geschichte um Anton und Doris sehr gut erzählt.
„Ans Meer“ ist vor allem für diejenigen, die kurze, aber gehaltvolle Geschichten lieben!
Es ist ein schmales, emotionsgeladenes Buch mit viel Ideenreichtum, mit einer Geschichte über die Liebe, Krankheit, Verlust und Tod, über Zuwendung, Fürsorge und deren Fehlen, aber auch über Kontrollzwang und nicht Loslassenkönnen und über so vieles mehr. Nicht zu vergessen die kleinen Heldentaten im Alltäglichen!

Ich vergebe sehr gern meine Kauf- und Leseempfehlung für dieses schmale, unterhaltsame Büchlein. Von mir gibt es fünf von fünf blitzblanken, strahlenden Sternen!