Rezension

Der Liebes- und Künstlerroman im Paris der dreißiger Jahre.

Die Zeit des Lichts - Whitney Scharer

Die Zeit des Lichts
von Whitney Scharer

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Leben für die Fotografie. Faszinierende Heldin. Lee Miller, Fotografin, Reisende, Kriegsberichterstatterin: eine Frau, die ihrer Zeit weit voraus ist, die unerschrocken ihren Weg geht und ihre Geschicke selbst in die Hand nimmt. Tief fühlt sich Whitney Scharer in sie ein und versteht es glänzend, Fiktion und Geschichte miteinander zu verschränken. Von Anfang an fasziniert die Heldin, die als Künstlerin berühmt wurde. Selbstbewusst, charakterstark, furchtlos und eigensinnig. Eine starke Persönlichkeit. Geliebte, Künstlerin, Freidenkerin und sie würde lieber ein Bild machen, als eines zu sein, zu dieser Erkenntnis kommt Lee Miller im Alter von zweiundzwanzig Jahren. Sie gibt ihre Karriere als Mannequin in New York auf und zieht nach Paris. Ohne Geld oder einen Plan, dafür aber mit der Kamera ihres Vaters. Inmitten der schillernden Künstlerwelt der 1930er Jahre verliebt sie sich in den ebenso genialen wie eifersüchtigen Man Ray, der sie als Assistentin einstellt und unterrichtet. Ihre Freunde sind Picasso und Cocteau, mit ihnen durchtanzt sie die Nächte und macht Ausflüge ans Meer. Lee jedoch kämpft vor allem darum, in dieser Welt männlicher Genies selbst als Künstlerin ernst genommen zu werden. Berühmt wird sie erst in den Kriegsjahren und mit den Fotografien, die sie im besiegten Deutschland macht. In ihrem Debütroman erzählt Whitney Scharer vom Leben der Fotografin Lee Miller. Sie schildert die Pariser Bohème der 30er Jahre, Lee Millers Liebesbeziehung mit dem ebenso genialen wie eifersüchtigen Man Ray und ihre Arbeit als Kriegsreporterin. Sie zeigt eine Frau, die sich weigerte, in jemandes Schatten zu stehen, und die sich als selbstbewusste Künstlerin behauptete. Scharer hat eine unvergessliche Heldin geschaffen, eine verwegene, verblüffende Frau, einen Künstlerroman, der das Porträt einer ganzen Epoche zeichnet. Was für eine fabelhafte, mitreißende Geschichte! Sehr unterhaltsam, spannend, detailreich und informativ, ein Frauenroman mit historisch gut recherchiertem Hintergrund. Eine Hommage an eine besondere Frau, die sich nicht verbiegen liess. Obwohl über 400 Seiten lang, liest sich die Geschichte in einem Rutsch und Lee wächst einem richtig ans Herz. Eine Romanbiographie, die glänzend Fakten und Fiktion vermischt, und dabei den Leser so eindrücklich in ihren Bann zieht, dass man glaubt, gemeinsam mit der Fotografin Lee Miller die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erleben und die Welt durch ihre Augen zu sehen. Ideal für ein Lesewochenende. Großartig!!!