Rezension

Der Mann mit dem einzigartigen Beruf

Unverfrorene Freunde - Klemens Pütz, Dunja Batarilo

Unverfrorene Freunde
von Klemens Pütz Dunja Batarilo

Pinguine sind süß und niedlich, sie tragen einen eleganten Frack und watscheln an Land so lustig und unbeholfen daher. Und, ach ja, da gibt es doch diesen berühmten Magellanpinguin Dimdim, der auf der brasilianischen Ilha Grande von einem Fischer gerettet und gepflegt wurde und der ihn seitdem jedes Jahr auf seiner Wanderung nach Norden besucht. 

Ungefähr so viel weiß der durchschnittliche Mensch über Pinguine. Da sollte man doch ernsthaft in Erwägung ziehen, etwas gegen den Wissensmangel zu tun. Wie gerufen kommt uns da das äußerst umfangreiche und liebevoll geschriebene Sachbuch „Unverfrorene Freunde“ von Klemens Pütz – eines Menschen, der sein Leben der Erforschung, dem Erhalt und Schutz dieser Tiere gewidmet hat. 

Was zunächst als Lückenfüllung für den in letzter Minute abgesprungenen Pinguinforscher bei der vom Alfred-Wegener-Institut geplanten Expedition in die Antarktis begann, wurde bald zum Lebenstraum. Die große Liebe zur Antarktis, in der Klemens Pütz entbrannte, trug viel dazu bei, dass er sich entschloss sein Dasein freiberuflich als Pinguinforscher zu fristen, der wissenschaftlich arbeitet und veröffentlicht. Mitte der neunziger Jahre gründet er mit nur drei weiteren Mitgliedern den „Antarctic Research Trust“, der mittlerweile eine derartig weite Resonanz und Unterstützung erfahren hat, dass er mehrere Inseln auf den Falklands erwerben konnte, um neuen unberührten Lebensraum für Pinguine zu erschaffen. Jeder von uns kann diese gemeinnützige Organisation unterstützen, z.B. indem man Pate eines Pinguins wird. 

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, wobei es durch 66 ansprechende Farbfotos und mehrere eingeschobene Informationskästen und -skizzen, die einem die eventuelle Internetrecherche erübrigen, aufgelockert und ergänzt wird. Im ersten Teil „Pinguine an Land“ erzählt uns der Autor, was die Vögel, die siebzig Prozent ihrer Zeit im Wasser verbringen, aufs Land treibt: die Paarung, Brut und Aufzucht der Küken ist es. Humorvoll, detailliert und liebevoll schildert und erklärt uns Klemens Pütz die Vorgänge. 

Der zweite Teil „Pinguine im Wasser“ ist ein Versuch das Tun und Treiben der Pinguine im Meer zu erklären. Lange Zeit über lag dieser Bereich aus dem Pinguinleben für den Menschen im Dunkeln. Dank verschiedener Geräte kann man Pinguine nun zu Datenträgern machen. So kann man beispielsweise Fahrtenschreiber einsetzen, die die Lichtintensität messen, und auf diese Weise Rückschlüsse auf die Position des Pinguins geschlossen werden können. Oder Satellitensender, die Informationen über Wassertemperatur, Beschleunigung und exakte Ortsangaben dank GPS liefern. Sehr spannend ist dieser Teil des Buches zu lesen. 

Leider ist nicht alles nett und niedlich, was mit den Pinguinen zusammenhängt. So informiert uns der Autor im dritten Teil „Welt im Wandel – Pinguine in Gefahr“ über die Dinge, die das Leben und den Bestand der Pinguine gefährden. Die Ursachen sind breitgefächert, sind aber zum größten Teil – mittelbar und unmittelbar – auf den Menschen zurückzuführen. Gefahr droht von Schiffen und Öltankern, die Mineralöl ins Wasser ablassen: Es verklebt das Gefieder der Pinguine, das dadurch seine Thermofunktion einbüßt und zum Tod durch Erfrieren führt respektive zum Vergiftungstod, wenn die Vögel sich zu säubern versuchen. Die Fischerei bedroht ihr Leben ebenfalls in zweierlei Hinsicht: Erstens, weil der Mensch den Pinguinen ihre Nahrung wegfischt, und zweitens, weil sich die Vögel wie viele weitere unerwünschte Meereslebewesen im Netz verfangen. Der Klimawandel bringt eine breitgefächerte Palette an Bedrohungen mit sich. Der erhöhte CO₂-Gehalt im Wasser, der zur Versauerung des Meerwassers führt, wäre da zu nennen oder die Veränderungen von Strömungsmustern, die zum Teil ganze Ökosysteme binnen kürzester Zeit kollabieren lassen. Und nicht zuletzt das allgegenwärtige Plastik, das tonnenweise im Meer schwimmt, und den Pinguinen und vielen anderen Meeresbewohnern zum Verhängnis wird. 

Doch Klemens Pütz klärt uns über die hochkomplexen Mechanismen im Meer und auf Land auf, nicht um uns Angst zu machen, sondern um uns für die Umwelt zu sensibilisieren. Wie er selbst sagt, ist er Gegner düsterer Zukunftsvisionen – „Wenn jeder das tut, was er dort, wo er ist, tun kann, dann kommt eine Menge zusammen.“ Forschung, Aufklärung, Veränderung und Zusammenarbeit – das ist es, was Klemens Pütz und der „Antarctic Research Trust“ fordern. „Hinschauen, nachdenken, Einsatz zeigen – das lohnt sich. Die Meere sind in einer dramatischen Situation. Aus Pinguinsicht ist aber auch schon vieles richtig gut gelaufen. Es wurden Probleme erkannt und Lösungen gefunden.“ 

Ein mitreißendes, informatives und bewegendes Buch. Eine klare Leseempfehlung, nicht nur für Pinguinfreunde, sondern für alle, denen die Pflanzen- und Tierwelt am Herzen liegt.