Rezension

Der perfekte Klang

Der Klang der Wälder -

Der Klang der Wälder
von Natsu Miyashita

Bewertet mit 5 Sternen

Klavierstimmer zählt vermutlich nicht zu den typischen Berufen, von denen junge Menschen träumen. Vielleicht liegt es aber nur daran, dass sie nicht so ein einschneidendes Erlebnis hatten wie die Hauptfigur Tomura.

Als der Siebzehnjährige in seiner Schule gebeten wird, für den Klavierstimmer Itadori die Tür der Turnhalle zu öffnen, und hört, welche Klänge dieser dem Schulflügel entlockt, die ihn an rauschende Wälder seines Heimatdorfs erinnern, steht für ihn seine Zukunft fest: Er will Klavierstimmer werden.

Das Handwerk lernt er an einer Fachschule und anschließend in einem Instrumentenhandel, in dem auch sein großes Vorbild Itadori arbeitet. Wenn er seine Kollegen beim Kundenbesuch begleitet, muss er feststellen, wie unerfahren er noch ist und welch weiter Weg vor ihm liegt. Diese Bescheidenheit, Demut und Selbstzweifel empfand ich als typisch japanisch - ebenso seinen Drang, das Handwerk mit viel Fleiß, Disziplin und großer Hingabe zu perfektionieren und systematisch an seinen Fehlern zu arbeiten.

Obwohl der Beruf alles andere als spektakulär ist, fand ich es spannend, Tomura durch seinen Alltag zu begleiten und nachzuempfinden, warum ihm die Tätigkeit so viel bedeutet, was ihn verunsichert und welches Ziel er anstrebt. Ich konnte mir richtig gut vorstellen, wie erfüllend es für einen Klavierstimmer sein muss, nach erfolgreicher Arbeit nicht nur einen überglücklichen Kunden vor sich zu haben, sondern auch in den Genuss einer musikalischen Kostprobe zu kommen.

Noch ein weiteres Element macht den Roman zu einem typisch japanischen Roman, denn Natsu Miyashita schlägt einen Bogen von der Suche nach dem idealen Klang zu der Schönheit der Natur. Mit ihrer Geschichte voller Poesie und Liebe zur Musik hat sie meine Lust geweckt, mich nach langer Zeit mal wieder ans Klavier zu setzen und den Minutenwalzer von Chopin zu spielen.