Rezension

Der Pfarrer und die Prostituierte

Blutpsalm - Meredith Winter

Blutpsalm
von Meredith Winter

Bewertet mit 2 Sternen

Eigentlich wollte der geachtete Dorfpfarrer Jonathan nur einen Computerservice kontaktieren, - wer aber an Stelle des erwarteten Technikers erscheit, ist Marlene, eine verführerische junge Frau, die allerdings Dienste ganz anderer Art anbietet! Die der züchtige Pastor aber nicht annehmen kann.
Dennoch ist er fasziniert von der schönen Marlene, die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Weitere Begegnungen zwischen den beiden sind vorprogrammiert und bald ist Jonathan rettungslos verliebt in die Prostituierte, die diese Gefühle erwidert.
Doch geht ein brutaler Mörder um, der es offensichtlich auf die Freier der jungen Frau abgesehen hat und in dessen Visier nun auch Jonathan gerät....

Als "Liebeskrimi" ist der vorliegende Roman ausgewiesen - und was darunter zu verstehen ist, hat sich mir sehr bald erschlossen!
Der durchaus spannende Krimi, in dem die Identität des Mörders nach etwa der Hälfte der Handlung zu meiner anfänglichen Überraschung bereits aufgedeckt wird, ist in der Tat gleichzeitig eine Liebesgeschichte, die sich mit Wucht zwischen Jonathan und Marlene, den beiden Protagonisten, entfaltet. Diese präsentiert sich nicht nur mit völlig banalen Dialogen, sondern nach meinem Empfinden auch noch mit einem Übermaß an detailierten Sexszenen.
Weniger wäre hier mehr gewesen und hätte dem Krimi, dessen Grundidee originell ist, gewiss nicht geschadet.
Im Gegenteil, möchte ich meinen, denn besagte Szenen sind so raumgreifend, dass sie auf Kosten der eigentlichen Handlung, der Morde und dessen nicht vorhandenen, jedenfalls nicht erwähnten Ermittlungen, des Blickes hinter die Fassaden des Dorfes, das der Hauptschauplatz des Geschehens ist, und in dem der Mörder zu Hause ist, gehen.
Die Detailtreue, die die Autorin ihren Sexszenen widmete, hätte ich mir überdies für eine tiefergehende Charakterisierung aller in dem Roman auftauchenden Personen, inklusive der Protagonisten gewünscht. Denn außer ihnen, die von ständigen Stimmungswechseln und zickigem Verhalten heimgesucht werden, das verwunderlich und nun wirklich nicht nachzuvollziehen ist, gibt es noch weitere ausbaufähige Akteure, von denen einige mir näher gekommen sind, als es Jonathan und Marlene gelang, und die für erfrischende Abwechslung und sogar Amüsement sorgten, wenn sie auch arg klischeebehaftet dahergekommen sind. Ihnen hätte man jedenfalls längere und häufigere Auftritte gewünscht, als die Autorin ihnen zubilligte.

Tiefere Einblicke hingegen gewährt Meredith Winter in das kranke, besessene Hirn des Mörders. Dass seine Identität so schnell enthüllt wurde, empfand ich nach erstem Staunen beim Weiterlesen als gut durchdachte Dramaturgie, die ein wenig ablenkten von den immerwährenden erotischen Begegnungen der beiden Hauptpersonen, zumal die Spannung nicht nur erhalten blieb, sondern sich sogar noch steigern konnte, da man nie wusste, was der zu allem entschlossene, brandgefährliche Mörder wohl als nächstes vorhatte. Und in der Tat, bis zum Ende hätte alles geschehen können, nichts war voraussehbar. Und so war das Ende der glaubwürdigste, befriedigendste Teil des mit zuviel Erotik gespickten "Liebeskrimis"!