Rezension

Der Rhein- eine sagenhafte Sammlung

Rheinsagen - Hertha Kratzer

Rheinsagen
von Hertha Kratzer

Bewertet mit 5 Sternen

1238,8 km schlängelt sich der Rhein von seiner Quelle in der Schweiz aus durch Deutschland und mündet schließlich in den Niederlanden bei Den Haag in die Nordsee. Dabei passiert er majestätische Burgen, Ruinen, die von vergangenen Zeiten zu berichten vermögen und mysteriöse Felsanordnungen. Platz genug also, um Sagen und Legenden Tür und Tor zu öffnen, die von unerfüllter Liebe, List und Wundern erzählen. Und davon erzählt auch diese wunderbare Sammlung der gängigen und weniger alltäglichen Mythen rund um den längsten Fluss Deutschlands.

Schon das Aufschlagen des Buches bereitet Freude und stimmt zugleich auf die bevorstehende literarische Reise ein: Die vordere Einbandinnenseite wird geziert von dem wohl bekannten „Loreleylied“ Heinrich Heines, rechts wurde der vollständige Rheinverlauf in Kartenform zur groben Orientierung abgedruckt, stilecht in blauer Farbe gehalten. Einziger Kritikpunkt ist hierbei vielleicht, dass kleinere Orte, seien sie selbst überdurchschnittlich stark in der Sammlung vertreten, nicht aufgezeigt werden, dafür aber einige Städte, die fernab des Rheins liegen oder aber mit keiner Sage repräsentiert werden, abgedruckt wurden. Für den Leser der Geschichten wäre es einfacher gewesen, solche Städte herauszunehmen und sie durch die vertretenen zu ersetzen.

Spiegelbildlich verhält es sich mit der hinteren Einbandinnenseite: links ist erneut der Rheinverlauf abgebildet, rechts ein weiteres Gedicht, in diesem Fall ein Auszug von Max von Schenkendorf („Unserm geliebten Kronprinzen“).   

Die Sagenkollektion selbst ist aufgeteilt auf sechs Kapitel, die jeweils einem Flussabschnitt entsprechen: Beginnend mit Vorder-, Hinter- und Alpenrhein wird der Leser auf eine Reise geleitet, die ihn über Hochrhein, Oberrhein, Mittelrhein und Niederrhein bis hin zum niederländischen Rheindelta führt und die regionalen Brauchtümer und Aberglauben anhand von knappen Erzählungen erhellt. Dabei werden berühmt gewordene Sagen wie die von „Siegfried und Kriemhild“, der Kölner „Heinzelmännchen“ oder der „Loreley“ ebenso wenig ausgespart wie „Die Bäckerjungen von Andernach“ oder auch dem „versunkenen Schloss“ des Laacher Sees.

Der Sammlung tut es hierbei keinen Abbruch, dass manche Erzählungen gar im Widerspruch zueinander stehen oder aber einander so sehr ähneln, dass der Leser gezwungen wird, auf die Feinheiten Acht zu geben, denn all dies lässt sich damit erklären, dass viele der Sagen vermutlich unabhängig voneinander entstanden sind oder lediglich per Mundpropaganda weitergereicht wurden und sich im Laufe der Jahre verbreiteten und veränderten.

Für relativ wenig Geld erhält man eine wunderbare Sammlung von rheinländischen Mythen und Legenden, die einladen zum gedanklichen Verreisen und Träumen von Drachen, Geistern und teuflischen Plänen.