Rezension

Der Schmerz einer toten Liebe

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung - Valentina D'Urbano

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung
von Valentina D'Urbano

Valentina d´Urbanos Debütroman “Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung” beginnt sozusagen mit dem Ende: Der erst 20jährige Alfredo wird beerdigt, ohne dass der Leser gleich erfährt, wie es zu seinem frühen Tod gekommen ist. An der Beerdigung nehmen unter anderem Beatrice und ihre Freundin Arianna teil. Sie ist die junge Frau, die sich für den Anlass ein schlecht sitzendes Kleid leihen muss.
Beatrice und Alfredo standen einander sehr nahe. Deshalb wurden sie im Viertel La Fortezza nur die Zwillinge genannt. Ihre Freundschaft, die sich zu einer chancenlosen Liebesgeschichte entwickelt, dauert 13 Jahre. Sie wohnen in demselben Haus in besetzten Wohnungen - Beatrice mit ihren Eltern und ihrem Bruder Francesco, Alfredo mit seinen Brüdern Massimiliano und Andrea und dem äußerst brutalen Vater, einem Alkoholiker. Alfredo wird von Beatrices Familie wie ein Sohn behandelt und sucht dort häufig Zuflucht. Die Menschen in diesem Viertel finden nur schwer Arbeit. Drogen und Kriminalität sind ein großes Problem. Viele verbüßen schon in jungen Jahren Gefängnisstrafen oder sterben vorzeitig wie Alfredo. „Mindestens einmal pro Monat läutete Don Antonio in der Pagode die Totenglocke. Ihr Klang waberte wie Nebel über den Hügel. Wir nahmen das hin wie ein Naturereignis. Wenn du zwischen sechzehn und dreißig Jahre alt bist und in La Fortezza lebst, liegt die Chance draufzugehen über dem Landesdurchschnitt.“ (S. 171) So ist auch Alfredos Geschichte die eines unaufhaltsamen Abstiegs, den niemand verhindern kann, auch nicht Beatrice, die erst spät erkennt, dass sie Alfredo liebt, obwohl sie sich häufig streiten und Alfredo zwischenzeitlich eine Beziehung zu einem Mädchen aus dem Viertel eingeht.
Die Geschichte wirkt sehr authentisch. Die Autorin kennt das Milieu, über das sie schreibt, aus eigener Erfahrung. Obwohl die junge Beatrice eine so schmerzliche Erfahrung machen musste, sieht sie für sich am Ende eine Perspektive für einen Neubeginn. „Der Schmerz einer toten Liebe ist so schrecklich wie Ersticken, aber ich werde mich daran gewöhnen.“ (S. 265) Das macht die düstere Geschichte auch für den Leser erträglich.
Mich hat der Roman überzeugt, und ich empfehle ihn ohne Einschränkung.